Der zweite Brief von Petrus

von Reinhold Müller-Kersting

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Diese Bibelauslegung erschien gedruckt 1952 im Verlag R. Müller-Kersting, Zürich-Höngg, Limattalstr. 28.
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Inhaltsverzeichnis


KAPITEL 1

Der zweite Brief des Apostels Petrus ist, gleich dem ersten, an die jüdischen Fremdlinge in der Zer­streuung gerichtet. Inhaltsgemäß ist er eine Fort­setzung des ersten, allerdings vom Trösten zum War­nen übergehend. Während im ersten Brief der Apostel in allen Kapiteln von «Leiden» redet, finden wir dieses Wort im zweiten Briefe nicht mehr, dagegen, weil die Endzeit in Sonderheit durch Irrlehren ge­kennzeichnet ist, die apostolische Warnung, nicht in die Irrtü­mer der Ruchlosen zu fallen. Der Brief enthält deshalb:

1. Die Ermahnung, im allerheiligsten Glauben zu verharren;

2. Irrlehrer und deren Verführungen abzulehnen; und

3. Spötter, welche die Wiederkunft des Herrn leugnen, nicht anzuhören.

Es ist herzbewegend, wenn wir feststellen, dass Petrus einen Abschiedsbrief schreibt, kurz vor seinem Märtyrertod in Rom. Wie sollten uns seine Worte, gleichsam sein Testament, das gewiss wert ist, be­achtet zu werden, zu Herzen gehen.

«Simon Petrus, Knecht und Apostel von Jesus Christus, denen, die einen gleich kostbaren Glauben mit uns empfangen haben durch die Gerechtigkeit unseres Gottes und Heilandes Jesus Christus: Gnade und Friede sei euch vermehrt in der Erkenntnis Gottes und unseres Herrn Jesus» (Verse 1-2).

Petrus bezeichnet die Gläubigen als solche, «die einen gleich kostbaren Glauben empfangen haben». Menschen dieser Welt würden den Glauben kaum unter die Kostbarkeiten dieser Erde zählen, aber er ist deshalb so kostbar, weil er mit dem Himmel ver­bindet. Darum redet Judas (Vers 20) von einem allerheiligsten Glauben; ein Glaube, der auf das Ewige, Himmlische und Unvergängliche gerichtet ist, und uns das Jenseitige gegenwartsnah bringt. Es ist offenbar, dass wir das, was so überaus kostbar ist, mit Wachsamkeit festhalten, dass nicht der Feind uns dieser Güter beraube.

Wir haben diesen Glauben empfangen «durch die Gerechtigkeit unseres Gottes und Heilandes Jesus Christus». Welch überschwängliche Gnade! Nichts ist verdient, nichts erworben, alles ist restlos ein Gnadengeschenk unseres Heiland-Gottes. Es ist nicht ein Glaube an irgend eine Religion, sondern der Glaube an die Gesamtheit aller Wahrheiten der Gottesoffenbarung, welche in der Heiligen Schrift enthalten ist. Auch ist die Darstellung der Gerechtigkeit Gottes hier nicht dieselbe wie sie uns im Briefe an die Römer gezeigt wird. Dort ist es die Gerechtigkeit Gottes, die den glaubenden Sünder rechtfertigt, hier aber die Gerechtigkeit, die im Hinblick auf die Regie­rung und Herrschaft des Herrn über diese Erde alle Verheißungen erfüllen wird. Nicht nur wird der Herr Seine Kirche ihrer ewigen Bestimmung zuführen, Er wird auch die ganze Schöpfung freimachen von dem Joche und von dem Fluche, welche durch die Sünde gekommen sind. In dem Maße, wie wir diese Dinge erfassen, wachsen wir sowohl in der Erkenntnis unse­res Gottes, der uns mit ewiger Liebe geliebt, als auch unseres Heilandes, der Sein teures Leben für uns auf Golgatha dargelegt hat. O wie reich ist Gottes Gnade, wie tief der Friede, der uns zu Teil geworden ist durch den Glauben an Christus! Dennoch wünscht der Apostel, dass beides vermehrt werden möchte.

Christus wird uns als Gott und als Heiland vorge­stellt. Durch Ihn sind alle Dinge erschaffen worden; Er ist der Gott-Schöpfer, aber Er hat auch alle Dinge durch Sein kostbares Blut gereinigt und erworben und ist so der Gott-Heiland geworden.

«Da Seine göttliche Kraft uns alles in betreff des Lebens und der Gottseligkeit geschenkt hat durch die Erkenntnis Dessen, der uns berufen hat durch Herrlichkeit und Tugend, durch welche Er uns die größten und kostbarsten Verheißungen geschenkt hat, damit ihr durch diese Teilhaber der göttlichen Natur werdet, indem ihr dem Verderben entflohen seid, das in der Welt ist durch die Lust» (Verse 3-4).

Welch eine treffende Illustration zu dem Worte, des Apostels Paulus an die Epheser, dass «Gott uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung»! Aller­dings, es war «göttliche Kraft» notwendig, um uns Leben und Gottseligkeit und alles was damit in Ver­bindung ist zu schenken. Und wiederum bedarf es unsererseits der Kraft, der Tugend, d.h. der göttli­chen, geistlichen Energie, um uns alle diese Kostbar­keiten anzueignen. In Vers 1 lasen wir vom kostbaren Glauben und hier von kostbaren Verheißungen. Dies ist uns geschenkt «durch die Erkenntnis Dessen, der uns berufen hat». Erkenntnis und Wachstum ist un­zertrennlich miteinander verbunden. Wie sollten wir wachsen, wenn wir nicht wüssten worin und wozu, und wie könnte unsere Erkenntnis zunehmen, wenn nicht durch die praktische Verwirklichung dessen, was uns in Jesu, unserem großen Gott und Heiland, geschenkt ist. Die Erkenntnis gleicht dem Strom, den der Prophet Hesekiel im 47. Kapitel seines Buches beschreibt, der im Heiligtum seine Quelle hat und je mehr der Prophet in diesem Strome vorwärts strebte, ging das Wasser über seine Knie und wurde so tief, dass er schwimmen musste und dennoch das andere Ufer nicht erreichte. Unendlicher Gnadenstrom, des­sen Weite und Tiefe wir nie ergründen werden!

«Berufen durch Herrlichkeit»: Wir stehen in ihr und gehen ihr entgegen. Die Herrlichkeit ist schon heute das, womit wir uns beschäftigen dürfen und was unser Herz erfüllt. Wir gemes­sen sie heute im Glauben, aber bald werden wir mitten in der Wirk­lichkeit stehen und alle kostbaren Verheißungen erfüllt sehen.

Wenn dann die Gnade, mit der ich geliebt,

Dort eine Wohnung im Himmel mir gibt,

Wird doch nur Jesus und Jesus allein

Grund meiner Freude und Anbetung sein.

Das wird allein Herrlichkeit sein

Wenn ich Sein Angesicht seh',

Wenn frei von Weh ich Sein Angesicht seh'.

Noch fügt der Apostel zur Herrlichkeit die «Tugend» hinzu. Wir haben bereits bemerkt, dass dies geist­liche Energie bedeutet. Gewiss redet der Apostel weder eigenen Werken, eigenem Eifer, welche nur der Selbstbefriedigung dienen, noch einer beschau­lichen Ruhe und Selbstge­nügen das Wort. Wir sind der göttlichen Natur teilhaftig geworden und göttliches Leben - es kann nicht anders sein - muss und wird sich entfalten. Während die Welt in ihrer Lust dem Verderben entgegengeht, hat Gott die Seinen als Seine Zeugen mitten in den Machtbereich des Verderbers gestellt, damit dieses Licht noch manchem Verlorenen und Verirrten ein Wegweiser zum Heil sein möchte.

«Ebendeshalb reicht aber auch dar, indem ihr allen Fleiß anwendet, in eurem Glau­ben die Tugend, in der Tugend aber die Erkenntnis, in der Erkenntnis aber die Ent­haltsamkeit, in der Enthaltsamkeit aber das Ausharren, in dem Ausharren aber die Gottseligkeit, in der Gottseligkeit aber die Bruderliebe, in der Bruderliebe aber die Liebe» (Verse 5-7).

Der praktische Wert des Wachsens in der Erkenntnis liegt darin, dass wir unserem göttlichen Vorbilde gleichgestaltet werden. Die Verheißung gilt aber nicht den Lauen und Trägen, son­dern nur dem, der «allen Fleiß anwendet». Dieser wird sein «wie ein Baum gepflanzt an Was­serbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und dessen Blatt nicht verwelkt; und alles was er tut, gelingt». Hier ist kein Raum für die Lust der Welt und den Hochmut des Lebens und für sinnliche Begierden. Welche Gnade, dem Machtbereich Satans entflohen zu sein ! Ebendeshalb reichen wir dar in unserem Glauben die Tugend. Im Griechischen ist Tugend dasselbe Wort wie Tapferkeit. Als Soldaten von Jesus Christus kämpfen wir den Kampf des Glau­bens und darum haben wir mit Entschlossenheit alles das abgelegt, was noch der alten Natur entspricht. Dies bedingt, in inniger Gemeinschaft mit unserem hochgelobten Herrn zu leben und festzuhalten an Seinem Wort.

Sich an Kreaturen lehnen

Will das Menschenherz so gern,

Statt vor allem sich zu sehnen

Nach Gemeinschaft mit dem Herrn.

Nimmer zieht aus andern Reben

Doch die Rebe ihren Saft,

In dem Weinstock ist das Leben

Aus dem Weinstock kommt die Kraft.

«Die T u g e n d » , hat ein: erfahrener Bruder ge­sagt, «ist der moralische Mut, welcher die Schwierigkeiten überwindet und das Herz regiert, indem er jede Tätigkeit der alten Natur im Zaume hält.» Wir sind in einer Welt, wo der Fürst der Finsternis regiert, darum bedarf es unse­rerseits größter Energie, um nicht in das, was vergeht, mitgezogen zu werden. Lot ermangelte der Tugend, Mose des Ausharrens, David der Enthaltsamkeit und Salomo der Gottseligkeit.

Der Tugend folgt die Erkenntnis . Wir erlangen sie durch die Erforschung des göttlichen Wortes. Eigenes Wissen bläht auf, göttliche Weisheit leitet unseren Wandel in Bahnen, die dem Herrn wohlge­fällig sind. Fortschritte in der Erkenntnis aber sind abhängig von praktischer Heiligkeit. Je mehr wir aber in der Erkenntnis wachsen, um so kostbarer und herr­licher wird uns die Person des Herrn. Wir werden nicht müde, Ihn zu bewundern und zu betrachten. Dies hat zur Folge, dass alles das, was dem Fleische gefällt, seinen Reiz verliert, und das bewirkt:

E n t h a l t s a m k e i t. Wir denken dabei nicht an irgendwelche Gebote und Verbote, son­dern das Ver­leugnen der Gelüste der alten Natur. Das zeitigt von selbst das Maßhalten im Essen, Trinken, Schlafen, Geldausgeben, Sport, Erholung usw. Wir können kurz sagen: Ent­haltsamkeit ist die Fähigkeit, sich selbst zu regieren und zu beherrschen. Sie steht im Gegen­satz zum Willen des Fleisches und das zeigt uns, welch große Wichtigkeit ihr im geistlichen, neuen Loben zukommt. In Apostelgeschichte 24, 25 lesen wir, dass Paulus dem Landpfleger Felix Gerechtigkeit, Enthaltsamkeit und das kommende Gericht verkün­digte, um sein Gewis­sen zu erreichen. Doch Felix wollte nichts von Enthaltsamkeit wissen und entließ Paulus. Auch für die Gläubigen liegt die Gefahr nahe, in der Enthaltsamkeit nachzulassen und sich der Welt anzupassen. - Darum ermahnt Petrus zum:

Ausharren . Wir sehen, wie eins aus dem ande­ren herauswächst und dass es wichtig ist, in keiner christlichen Tugend nachzulassen und trotz aller Widerstände, die sich uns auf dem Wege entgegen­stellen, auszuharren. Nur so werden wir in ununter­brochener Gemeinschaft mit dem Herrn wandeln können. Beharrlichkeit führt auch in geistlichen Din­gen zum Ziele und so sehen wir, dass aus dem Ausharren die

Gottseligkeit erwächst. Eine köstliche Belohnung Glückseligkeit in Gott, welch ein Trost und welch ein Gewinn. An Timotheus schreibt der Apostel Paulus von der Gottseligkeit als von einem Ge­heimnis, und dass man sich darin üben soll. Gottselig­keit ist Trennung von der Welt, das sich Versenken in das Göttliche, das, was den Menschen allein glücklich, d.h. selig machen kann. Aus der Gottseligkeit geht die

B r u d e r l i e b e hervor. Johannes schreibt, dass wenn wir Gott lieben, wir notgedrungen auch den lieben werden, der aus Gott geboren ist. In der Gott­seligkeit geübte Gotteskinder können nicht anders als den Bruder lieben. Das glückselige Band der Ge­meinschaft umschließt sie alle und da ist kein Anse­hen der Person. Wer der Gottseligkeit ermangelt, der ermangelt auch der Bruderliebe. Ein solcher wird an den Brüdern nur zu tadeln finden und vieles über sie zu sagen wissen. Die Gottseligkeit aber zeigt uns die Brüder in der Vortrefflichkeit des Christus, Gegenstände derselben Liebe, in welcher auch wir stehen. Das ist der Ausfluss der wahren Liebe, die durch den Heiligen Geist in unsere Herzen ausge­gossen ist. Wenn wir aber in Gott gegründet sind, werden wir nicht nur die Brüder lieben, sondern alle Menschen. Darum fügt der Apostel Petrus hinzu:

« ... in der Bruderliebe aber d i e L i e b e » . Liebe ist die Natur Gottes selbst, das Band der Vollkommen­heit. Die göttliche Liebe umschließt nicht nur die Brüder, sondern alle Menschen, den Erretteten und den Verlorenen, ja, die göttliche Liebe vermag selbst seine Feinde zu lieben. Selbst wenn uns ein Bruder Unrecht getan hat, so ist das kein Grund, ihn nicht zu lieben, ja er kann vielmehr dadurch gewonnen und wiederhergestellt werden. Liebe ignoriert nicht das Böse; Johannes stellt sie auf eine Linie mit dem Halten Seiner Gebote. Liebe ist dann nicht Schwach­heit, sondern Kraft, Kraft, die Gewaltiges zu voll­bringen vermag.

«Denn wenn dieses bei euch vorhanden ist, und zunimmt, wird es euch nicht träge noch fruchtleer hinstellen bezüglich der Erkenntnis unseres Herrn Jesus Christus» (Vers 8).

Der Herr selbst hat gesagt: «Wenn ihr in Mir bleibet, werdet ihr viel Frucht bringen». Gott hat Wohlge­fallen an Frucht. Die Christen am Ende der Tage des völligen Verfalls werden als erstorbene, fruchtleere Bäume bezeichnet, spätherbstlich, die nicht einmal mehr Blätter, geschweige Frucht tragen. Welch schmähliches, beschämendes Ende der Christenheit! Es ist des Petrus größte Sorge, von dieser Welt Abschied nehmend, keine kranken und lahmen Schafe zurück zu lassen.

«Denn bei welchem dies nicht ist, der ist blind, in Kurzsichtigkeit und hat die Rei­nigung seiner vorigen Sünden in Vergessenheit geraten lassen» (Vers 9).

Drei besondere Merkmale kennzeichnen den Christen des Verfalls:

1. Er ist blind, weil er Christus aus dem Auge verloren hat. In der Bergpredigt sagt der Herr: «Die Lampe des Leibes ist das Auge; wenn nun dein Auge einfältig ist, so wird der ganze Leib licht sein.» Ein einfältiges Auge hat außer dem Herrn keinen ande­ren Gegenstand des Interesses. Nehmen die vergäng­lichen Dinge das Auge gefangen, wird es in Bezug auf geistli­che Dinge erblinden. Ach, wie viel Kurzsichtig­keit in unseren Tagen, die kostbaren Wahrhei­ten, die Gott den Seinen anvertraut, sind durch menschliche Gedanken vernebelt. Damit gerät selbst die Gewissheit der Vergebung in Vergessenheit; Loben und Danken für das empfangene Heil geht verloren. Stur und interesselos vegetiert die Seele dahin.

2. Er ist kurzsichtig, denn er hat den Blick in die Ferne verloren und der vom Himmel wieder­kehrende Herr wird nicht mehr erwartet. Die kostbare, herrliche Hoffnung, welche das Herz erfüllte, ist ver­wischt und hat Dingen Platz gemacht, die nicht die Zustimmung des Herrn haben. Sollten wir nicht alle Dinge, die an uns herantreten so werten, wie der Herr selbst sie wertet? O möchte der Herr uns wieder den Geist der Unterscheidung schenken, damit wir vor Vermischung und Verflachung bewahrt bleiben.

3. «Er hat die Reinigung seiner vorigen Sünden in Vergessenheit geraten lassen.» Ist das nicht betrübend, wenn der Christ nach seiner Bekehrung einen guten Anfang gemacht hat, aber mit der Zeit Herz und Sinn wieder auf das Diesseitige richtet? Er vergisst, dass Gott ihn aus dieser Welt herausgenommen hat, und beschäftigt sich nun wieder von neuem mit dem, was vom Feuer des Gerichts verzehrt werden wird. «Der Hund kehrt zurück zu seinem Gespei und die gewaschene Sau zum Wälzen im Kot» lesen wir im nächsten Kapitel.

«Darum, Brüder, befleißigt euch umso mehr, eure Berufung und Erwählung fest zu machen; denn wenn ihr dies tut, so werdet ihr niemals straucheln» (Vers 10),

Fürwahr, ein ernstes «Darum»! Wenn wir zu sol­chen Vorrechten berufen sind, welche sollten wir dann sein in Hingabe und Treue dem Herrn zu dienen. Ja, lasst uns befleißigen daran zu denken, dass wir als Zeugen von Jesus Christus, das Wort des Lebens in einer dunklen Welt darstellen. Doch wir haben nicht nur unsere Berufung fest zu machen, sondern auch unsere Erwählung. Paulus schreibt an die Thessalonicher: «Wissend, von Gott geliebte Brüder, eure Auserwählung». Welche Festigkeit, welche Sicherheit spricht aus diesen Worten! Der arme unwissende Mensch hält es für Überhebung, wenn man von der Gewissheit des Heils spricht. Das ist begreiflich, denn Satan hat kein Wohlgefallen daran, wenn man Gott beim Wort nimmt, und schilt es als Anmaßung. Der Glaube aber ist Gewissheit und wenn er nicht Gewissheit ist, dann ist es kein Glaube mehr, wenigstens nicht im biblischen Sinne. Ach, dass die Menschen doch von ihren vorgefassten eigenen Meinungen und Ansichten lassen würden, und sich rest­los auf das Felsenfundament des göttlichen Wortes stellen wür­den, da müsste alle Unsicherheit weichen ! Unsicher­heit und Ungewissheit sind das Kennzeichen des Unglaubens; Sicherheit und Gewissheit das des Glaubens! Gott helfe uns zum rechten Glauben !

Wenn Dein Wort nicht mehr soll gelten

Worauf soll der Glaube ruh'n?

Mir ist's nicht um tausend Welten,

Aber um Dein Wort zu tun.

Gibt es ein Heilmittel gegen das Straucheln, das uns so viel Mühe macht und so manche schlaflose Nacht bereitet? Sogar Jakobus, der doch der Gerechte genannt wurde, sagt: «Wir alle straucheln oft». Petrus aber betont, dass wenn wir uns in Seine Ratschlüsse vertiefen, wir «niemals straucheln» werden. Und Judas anbefiehlt die Heiligen Gott, der die Seinen «ohne Straucheln zu bewahren vermag». Als Berufene und Auserwählte dürfen wir in der geistlichen Frei­heit wandeln und das ist die Kraft, um uns vor dem Straucheln zu bewahren. Johannes schreibt: «Hieran werden wir erkennen, dass wir aus der Wahrheit sind, und werden vor Ihm unsere Herzen überzeugen (ver­sichern).»

«Denn also wird euch reichlich dargereicht werden der Eingang in das ewige Königreich unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus» (Vers 11).

Das «ewige Königreich» steht im Gegensatz zu dem, was um uns her ist und den Stempel der Vergänglich­keit trägt. Sein Reich ist von ewiger Dauer. Es liegt vor uns und Petrus sagt nicht einfach: «Auf dass ihr eingehen möget», sondern, dass euch «reichlich dargereicht werden möge», d. h. das, was wir bei unserem Offenbarwerden empfangen, wird reichlich aus­fallen. Das Evangelium ist nicht nur große Gewissheit; es ist auch großer Reichtum. Und alles ist «darge­reicht», also ein Geschenk, wir haben nur hinein zu gehen; der Eingang ist weit geöffnet. Es ist das ewige Königreich unseres Herrn und Heilendes Jesus Christus, d. h. Christus wird in diesem Reiche König und Herrscher sein und Seine Herrschaft ist eine ewige Herrschaft, die im Diesseits und im Jenseits kein Ende hat.

Jesus Christus herrscht als König,

Alles wird Ihm untertänig,

Alles legt Ihm Gott zu Fuß.

Jede Zunge soll bekennen,

Jesus sei der Herr zu nennen,

Dem man Ehre geben muss.

Christi Thron ist unumstößlich,

Christi Leben unauflöslich,

Christi Reich ein ewig Reich.

In der Welt und Himmel Enden

Hat Er alles in den Händen,

Ist allein dem Vater gleich.

«Deshalb will ich Sorge tragen, euch immer an diese Dinge zu erinnern, obwohl ihr sie wisset und in der gegenwärtigen Wahrheit befestigt seid. Ich halte es aber für recht, solange ich in dieser Leibeshütte hin, euch durch Erinnerung wach zu hal­ten, da ich weiß, dass das Ablegen meiner Leibeshütte bald geschieht, wie auch unser Herr Jesus Christus mir kundgetan hat» (Verse 12-14).

Die Tage des Apostels Petrus waren gezählt. Der Herr selbst hatte es ihm kundgetan. Das ließ den Apostel nicht erschrecken, vielmehr bemühte er sich nur umso eifriger, dem Volke Gottes noch zu dienen, solange er dazu noch eine Möglichkeit hatte. Es ist rührend dies festzustellen, denn der Märtyrertod war­tete auf Petrus. Wohl waren die Heiligen in den gött­lichen Wahrhei­ten unterwiesen, aber es galt, alles was sie besaßen, durch Erinnerung anzufachen und festzu­halten. Die Erinnerung, das Wachhalten für des Herrn Wort, bedürfen auch wir Tag für Tag. So wie Israel das Manna täglich sammeln musste, so ist es notwendig, dass auch wir uns jeden Tag aufs neue an des Herrn Wort erlaben. Es ist unmöglich, dasselbe für zwei oder mehr Tage zu sammeln.

«Ich will mich aber befleißigen, dass ihr auch zu jeder Zeit nach meinem Abschiede imstande seid, euch diese Dinge ins Gedächtnis zu rufen» (Vers 15).

Der Apostel Petrus war ein wirklich guter Hirte. Mit welcher Sorgfalt nahm er sich der ihm anvertrau­ten Herde an. Es ist nun wichtig zu erkennen, dass Petrus gar nicht daran dachte, einen Nachfolger zu ernennen, was doch hätte der Fall sein müssen, wenn es Gottes Absicht gewesen wäre, ein Papsttum aufzu­richten. Auch Paulus, als er die Ältesten der Ver­sammlung zusammen berief, anbefahl sie nicht einem Nachfolger, sondern dem «Worte Seiner Gnade» (Apostelg. 20, 32). So haben wir heute keine Apostel, aber wir haben das Wort der Apostel, die Heiligen Schriften. Sie allein sind heute Richtschnur und Leit­faden für den Pilgrim hienieden. Sie enthalten alles, was zu wissen für Zeit und Ewigkeit notwendig ist. Welch ein glückseliger Abschied war es für Petrus zu wissen, dass die Herde Gottes nun des Herrn Wort in den Hän­den hatte, aus dem sie tagtäglich Kraft, Trost, Friede und Freude schöpfen konnte in Fülle.

«Denn wir haben euch die Macht und Ankunft unseres Herrn Jesus Christus nicht kundgetan, indem wir künstlich erdichteten Fabeln folgten, sondern als die da Augenzeugen Seiner herrlichen Größe gewesen

sind» (Vers 16).

Petrus war mit Jakobus und Johannes auf dem Berge der Verklärung. Dort schaute er im Vorbilde die Herrlichkeit, Grüße und Majestät des Herrn, wie diese im Tausendjährigen Reiche von der ganzen Erde geschaut werden wird. Die Mitteilung von der Macht und Ankunft des Herrn geschah also nicht auf Grund menschlicher Spekulationen, nicht auf Grund von künst­lich erdichteten Fabeln, wie das bei den Religionen dieser Welt der Fall ist, sondern auf Grund dessen, was der Apostel mit eigenen Augen geschaut hat. Das was Petrus uns übermittelt, ist Wahrheit, unbedingte, sichere, gewisse und zuverlässige Wahr­heit. Es gibt nichts sichereres und zuverlässigeres in dieser unsicheren Welt als des Herrn Wort, die Heilige Schrift. Sie bezeugt uns des Herrn Allmacht und auch Seine Wiederkehr. Glückselig derjenige, der sich mit des Herrn Wort vertraut macht.

Eins ist Not - auf Dich zu hören,

Auf Dein Wort voll Huld und Heil;

Zu bewahren Deine Lehren,

Ist das allerbeste Teil.

Ja, das Wort, das Du gegeben,

Es ist Wahrheit, Geist und Leben,

Unseres Weges helles Licht,

Wer ihm folgt, der irret nicht.

«Denn Er empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Herrlichkeit, als von der prachtvollen Herrlichkeit eine solche Stimme an Ihn erging: «Dies ist Mein ge ­ liebter Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen gefunden habe». Und diese Stimme hörten wir vom Himmel her erlassen, als wir mit Ihm auf dem heiligen Berge waren» (Verse 17-18).

Von Gott, dem Vater, empfing Christus Ehre und Herrlichkeit. Die drei Jünger waren hiervon Zeugen; sie sahen die himmlische Herrlichkeit, schauten die göttliche Majestät der Herrn, sa­hen auf dem Berge Moses und Elias - auferstanden und verwandelt ­die Repräsentanten der himmlischen Heiligen. Die drei Jünger waren Repräsentanten der Heiligen hie­nieden, doch noch mehr als das; sie wurden in die Wolke, ein Bild der Gegenwart Gottes, eingeführt und hörten die Stimme des Vaters, wohl in gewissem Sinne ein Vorbild der Kirche. Des weiteren hörten die Jünger das Zeugnis Gottes über Seinen Sohn: an welchem Er Wohlgefallen gefunden hatte. Dieses Wohlgefallen ruhte von Ewigkeit her auf Seinem Sohne und es hätte nicht neu ausgesprochen zu werden brauchen. Jetzt aber war der Sohn Gottes als M e n s c h auf dieser Erde; der erste Mensch, an welchem Gott Wohlgefallen haben konnte. Die «prachtvolle Herr­lichkeit» ist die Schechina-Wolke, die Wolke der Herrlichkeit, die Wolke der Gegenwart Gottes. Der «heilige Berg» ist uns nicht mit Namen genannt; er war heilig durch die Gegenwart des Herrn. Auch die Propheten Jesaja, Jeremia, Hesekiel und Daniel hatten die Herrlichkeit des Herrn geschaut und dies im ge­schriebenen Wort festgelegt.

«Und wir besitzen das prophetische Wort befestigt, auf welches zu achten ihr wohltut, als auf eine Lampe, welche an einem dunklen Ort leuchtet, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen» (Vers 19).

Das durch die Propheten geredete Wort ist durch die Apostel als erlebte Tatsache befestigt und be­stätigt worden. Welche Sicherheit gibt uns dies. Die Apostel haben das prophetische Wort mit einer Leuchte, oder einer Lampe, verglichen, die an einem dunklen Ort leuchtet. Ja, das prophetische Wort gleicht einem Leuchtturm, der in dunkler Nacht, umgeben von brandenden Wogen dem Seemann den sicheren Hafen weist. Dieses Ziel ist für Israel das Tausendjährige Reich, für die Kirche das Vaterhaus. Dieses Ziel unverrückt im Auge behaltend, können wir frohgemut durch die Wirrnisse dieser Zeit schreiten, bald bricht der Tag mit all den schon im Alten Bund verheißenen Segnungen an und der Morgenstern, der bereits in unseren Herzen aufgegangen ist, wird die Beendigung der Nacht der Verwerfung des Messias ankünden. Der Herr selbst sagt: «Ich bin der glän­zende Morgenstern». Schon heute bestrahlt Sein milder Strahl den Pfad des Gläubigen und lässt ihn die Wirk­lichkeit der Dinge schauen. Das prophetische Wort kündet ihm nicht nur die nahe Wiederkunft des Herrn für Seine Kirche, die Erneuerung und Wiederherstel­lung Israels, das wir kurz das Tausendjährige Reich nennen, an, sondern auch das Gericht, das über die Welt der Gottesfeindschaft, der Sünde und des Todes kommen wird. Es kennt der Herr die Seinen und bald werden wir mit allen vereint Den schauen, der uns mit dem kostbaren Preis erkauft, und uns bald in die Herrlichkeit des Vater­hauses einfuhren wird. Dann werden wir mit Ihm kommen und Er wird hie­nieden Sein mes­sianisches Königreich als «Wurzel und Geschlecht Davids» errichten.

«Indem ihr dieses zuerst wisset, dass keine Weissagung der Schrift von eigener Aus­legung ist. Denn die Weissagung wurde ehemals nicht durch den Willen des Men­schen hervorgebracht, sondern heilige Men ­ schen Gottes redeten, getrieben vom Hei­ligen Geiste» (Verse 20-21).

Wiederum bestätigt Petrus die Unantastbarkeit des von Gott inspirierten Textes, den Er durch den Heiligen Geist geleitete, treue Männer hat schreiben lassen. Er betont ernsthaft, «dass keine Weissagung der Schrift von eigener Auslegung ist», womit er sagen will, dass kein Ausspruch der Bibel unabhängig von den anderen erklärt und aufgenommen werden kann, sondern dass die ganze Heilige Schrift harmonisch eins das andere ergänzt. Dies ist eine umso wunder­ba­rere Erscheinung, weil Gott sich ganz verschiedener Werkzeuge zu völlig verschiedenen Zeiten und unter ganz verschiedenen Umständen bedient hat, um Sein Wort zu vollenden. Dennoch bildet das Ganze eine wunderbare Einheit, eine Einheit wie sie vollkomme­ner nicht sein könnte.

Damit schließt das erste Kapitel unseres Briefes. Alles was zu einem Leben in Gottseligkeit gehört, ist uns geschenkt. Die göttliche Kraft wirkt das neue Leben, um uns einen reichlichen Eingang in das ewige Königreich ohne zu straucheln darzureichen, eine Herrlichkeit, welche die drei Apostel als Vorgeschmack auf dem heiligen Berge schauten. Des wei­teren ist uns Sein göttlich Wort als das Licht auf dem Wege geschenkt, dass wir nicht irren und unbeschadet das Ziel erreichen.


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