KAPITEL 2

«Leget nun ab alle Bosheit und alle Falschheit und Heuchelei und Neid und alles üble Nachreden, und wie neugeborene Kindlein seid begierig nach der vernünftigen, unverfälschten Milch, dass ihr durch dieselbe wachset zur Errettung, wenn ihr anders geschmeckt habt, dass der Herr gütig ist» (Verse 1—3).

Der Apostel Johannes schreibt an die Gläubigen: «Meine Kinder, ich schreibe euch dieses, damit ihr nicht sündiget», und hier legt Petrus Nachdruck darauf, Bosheit, Falschheit, Heuchelei, Neid und Nachrederei abzulegen. Das mag uns vielleicht etwas befremden, da wir im ersten Kapitel gelesen haben, dass «unsere Seelen gereinigt sind durch den Gehorsam der Wahrheit». Wir dürfen nie außer acht lassen, dass auch der Gläubige noch die alte Natur in sich hat, die stets bestrebt ist, sich geltend zu machen. Sind wir nicht wachsam, werden die genannten Dinge immer wieder zum Vorschein kommen. Das entspricht aber nicht unserer Stellung, die wir in Christus Jesus einnehmen dürfen. Wir werden ermahnt, des Herrn würdig zu wandeln, die Lehre des Heiland-Gottes zu zieren in allem! Dies wird ohne lebendiges Verlangen nach des Herrn Wort nicht möglich sein, denn die Heilige Schrift ist die «vernünftige, unverfälschte Milch», die vollkommene Nahrung der neugeborenen Kindlein. Unmöglich, ohne diese Nahrung zu wachsen. «Zur Errettung» fügt Petrus hinzu. Das ist das Ziel Gottes mit uns, indem Er uns an allem teilhaltig werden lassen will, was in Christus ist, was aber auch wieder alles ausschließt, das Seinem heiligen Namen nicht entspricht. Das ist aber nur möglich, wenn der Mensch wiedergeboren ist. «Wenn ihr anders geschmeckt habt, dass der Herr gütig ist». Sind diese Worte nicht eine wunderbare Definition der Wiedergeburt? Konnte Petrus, der treue Seelenhirte, uns den Guten Hirten anders vorstellen, denn als Den, der gütig ist? Haben wir nicht alle, die des Herrn Eigentum sind, geschmeckt, in welch reichem Masse der Erzhirte, der Oberhirte, gütig ist? Wir dürfen singen:

Mir folgt Dein Heil. So lang ich auf der Erde

Noch wallen soll und Dich verehren werde,

Sind Deine Güt' und Huld mein Teil.

«Zu welchem kommend, als zu einem lebendigen Steine, von Menschen zwar verworfen, bei Gott aber auserwählt, kostbar, werdet auch ihr selbst als lebendige Steine aufgebaut, ein geistliches Haus, ein heiliges Priestertum, um darzubringen geistliche Schlachtopfer, Gott wohlannehmlich durch Jesus Christus. » (Verse 4—5).

Wir fühlen es wohl, wie sehr der Apostel der Beschneidung in den jüdischen Belangen lebte. Wie hätte er auch einen Dienst an seinen Landsleuten übernehmen können, wenn dies nicht der Fall gewesen wäre? Darum war er auch das passende Rüstzeug Gottes, um den Juden das Evangelium von Jesus Christus, das Evangelium der Erfüllung, zu überbringen. Er redet von einem Stein, von einem Hause—für den Israeliten gab es nur e i n Haus, das war der Tempel—von einem Priestertum, von Opfern, von Darbringung usw. Die jungen Christen, an die der Apostel Petrus schrieb, waren der Meinung, dass nun alles das, was die Psalmen und die Propheten geweissagt hatten, hinfällig geworden sei, aber er belehrt sie eines anderen, indem er ihnen kundtat, dass nicht nur alles erfüllt ist, sondern Höheres und Kostbareres, weit über das hinaus, was diese verheißen haben, ihnen geworden ist. Am Tempel Salomos war alles materiell, an dem Hause aber, das Petrus beschreibt, ist alles geistig. Die zusammengefügten Steine sind keine toten, sondern lebendige. Das sind alle wiedergeborenen Seelen, die zusammen das «geistliche Haus», Gottes Tempel, ausmachen. Gott selbst hat sie «auserwählt» in Christus Jesus, Er hat sie lebendig gemacht, und weil sie in Christus sind, sieht Gott sie in derselben Kostbarkeit, in demselben Werte, wie Er Seinen Sohn wertet! Im Alten Bunde führte Gott Sein Volk zum Sinai und gab ihm in den Feuergluten das Gesetz, und Israel zitterte. Uns hat Gott zur bedingungslosen Gnade, nach Zion, geführt und das lässt uns jubeln und frohlocken. Welch unendliche Gnade!

Das Erleben einer solch großen Errettung muss und wird uns zur Anbetung führen. Das ist ja der Zweck der Errettung. Gott wollte ein Volk um sich haben, das Ihn preisen, loben und verherrlichen würde. Auch geht es hier nicht um einen einzelnen Priester, sondern um ein «Priestertum», das ist eine Gesamtheit von Priestern, berufen, ein gemeinsames Lob darzubringen. Im Salomonischen Tempel wurden materielle Opfer dargebracht, die neutestamentlichen Priester bringen geistliche Schlachtopfer dar; es ist ihnen ein Bedürfnis, Den zu preisen, der sie erkauft hat durch Sein kostbares Blut. Sollte eine solche Anbetung, deren Urheber Christus selber ist, Gott nicht gefallen? Sollte der Lobgesang, den Christus selbst in der Mitte der Seinen anstimmt, um Gott, den Vater, zu erheben, vor Ihm nicht wohlannehmlich sein?

Bald werden wir vor Deinem Thron

Dir, unserm Vater, und dem Sohn

Ein ew'ges Loblied singen.

Dann wird das Lob ein volles sein,

Wenn alle Kreatur stimmt ein

In der Erlösten Chöre.

Doch sei auch jetzt in dieser Zeit

Anbetung, Lob und Dank geweiht

Dir, Vater, und dem Lamme!

«Denn es ist in der Schrift enthalten: «Siehe, Ich lege in Zion einen Eckstein, einen auserwählten, kostbaren; und wer an Ihn glaubt, wird nicht zu Schanden werden»» (Vers 6).

Petrus legt den Gläubigen nahe, dass der Christus —der Messias, den Israel erwartete—kein anderer ist, als Der, den die Heiligen Schriften verkündigt haben. Welche Sicherheit und Gewissheit gibt dies dem Erlösten: «Es ist in der Schrift enthalten!» Nicht menschlichen Überlegungen, nicht Erzeugnissen des natürlichen Verstandes, oder fälschlicher Philosophie sind wir gefolgt, sondern dem untrüglichen, inspirierten, göttlichen Worte. Mit Nachdruck betont der Apostel, dass das, was er ihnen verkündigt, nichts anderes ist, als was im Alten Testament bereits gesagt ist. Er fußt auf der Erkenntnis, die die Juden bereits besaßen und die ihnen also nicht neu war. Der Apostel schreibt nicht an unwissende Heiden, sondern an Israeliten, denen die Heiligen Schriften anvertraut waren. Es ist gut, dies zu beachten; es wird uns über manche Schwierigkeit hinweghelfen.

Christus ist der Eckstein, von dem Jesaja längst gesprochen (Jes. 28,16). Nun ist Er gekommen. Er, der Herrscher der Welten, hat Seinen Thron in Zion, der Gottesstadt. «Auserwählt, kostbar» ist Er in den Augen Gottes, auserwählt und kostbar auch für unsere Herzen. Jesaja stellt diesen Eckstein dem abtrünnigen Volke gegenüber, das einen Bund mit dem Tode gemacht hatte, um sich vor der «überflutenden Geißel» fremder Völker zu sichern. Eitles Unternehmen! Nur der wird bewahrt und gerettet werden, der seine Zuflucht zu dem «aufs Festeste gegründeten» Eckstein (wörtlich Haupteckstein) in Zion genommen hat. «Wer an Ihn glaubt, wird nicht ängstlich eilen» sagt Jesaja und Petrus ergänzt: «er wird nicht zu Schanden werden».

Jesus lebt! Ihm wird das Reich

Über alle Welt gegeben;

Mit Ihm werd' auch ich zugleich

Ewig herrschen, ewig leben.

Gott erfüllt, was Er verspricht;

Dies ist meine Zuversicht.

«Euch nun, die ihr glaubet, ist die Kostbarkeit; den Ungehorsamen aber: «Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, dieser ist zum Eckstein geworden», und «ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses», die sich im Unglauben an dem Worte stoßen, wozu sie auch gesetzt worden sind» (Verse 7—8).

Am Haupteckstein scheiden sich die Wege der Menschen für Zeit und Ewigkeit. Israel, das Gott als Bauleute berufen hat, um Ihm Sein Haus zu bauen, hat versagt. Als der Herr des Hauses, ihr König und Messias kam, haben sie Ihn nicht erkannt, taten an Ihm und mit Ihm was sie wollten, und haben Ihn schließlich ans Kreuz geheftet und umgebracht. Sie sahen Seine Anmut, Seine Schönheit, Seine Lieblichkeit, Seine Kostbarkeit nicht. Alles dies ist dem Glauben vorbehalten zu schauen, zu bewundern und zu genießen. Der Unglaube und der Ungehorsam Israels konnte Gott aber nicht hindern, Seine Pläne und Ratschlüsse in Bezug auf Christus dennoch durchzuführen. Wie wir in Matthäus 16 lesen, hat Christus dies alles vorausgeschaut, darum redet Er zu Petrus, dem nachmaligen Schreiber unseres Briefes, von einem neuen Bau. «Auf diesen Felsen will Ich Meine Versammlung (Gemeinde, Kirche) bauen, und des Hades Pforten werden sie nicht überwältigen.» Es ist ein überaus schönes und sinnreiches Wortspiel, mit dem der Herr Jesus dieses Neue dem Petrus offenbart. Du bist Petrus (griechisch: petros = Stein); und auf diesen Felsen (griechisch: petra = Felsen) will der Herr Sein Haus bauen. Noch heute ist die kleine gläubige Schar, die Sein Zeugnis aufrecht erhält inmitten einer zerfallenen Christenheit, welche das Fundament der Erlösung in Christus Jesus verlassen hat, ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses. Sie wollen ihren eigenen Meinungen und Anschauungen huldigen und darum ist ihnen das inspirierte göttliche Wort zum Anstoß. So antwortete ein Prediger einer größeren Gemeinde einem Bruder, der ihn auf verschiedenes, das schriftwidrig war, aufmerksam machte: «Nun, wir machen das eben so, wie es uns passt, und nicht wie es in der Bibel steht». Ach, leider macht es die ganze abtrünnige Christenheit so und fragt nicht mehr nach Gottes Wort. Es scheint heute, als ob Gott sich um diesen bemühenden Zustand nicht kümmern würde. Dies trifft jedoch nicht zu. «Die sich, da sie nicht gehorsam sind», oder, wie es auch übersetzt werden kann: «die sich im Unglauben an dem Worte stoßen», wird das Gericht treffen. Ist nicht schon die Verhärtung und Skrupellosigkeit der sogenannten Christen ein Gericht? «Weil sie die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben, sendet Gott ihnen eine wirksame Kraft des Irrtums, dass sie der Lüge glauben, damit alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt, sondern Wohlgefallen gefunden haben an der Ungerechtigkeit» (2. Thess. 2,10—12). Mit den ernsten Worten «wozu sie auch gesetzt worden sind» dokumentiert der Apostel die Unabänderlichkeit von Gottes Beschluss, das Böse zu strafen, sei es untreuer Wandel oder böse Lehre. Was Gott bestimmt hat, kann nicht widerrufen, noch rückgängig gemacht werden. Auch darin ist Gott heilig, heilig, heilig!

«Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum eine heilige Nation, ein Volk zum Besitztum, damit ihr die Vortrefflichkeiten Dessen verkündigt, der euch berufen hat aus der Finsternis zu Seinem wunderbaren Lichte; die ihr einst «nicht ein Volk» wart, jetzt aber Gottes Volk seid; die ihr «nicht Barmherzigkeit empfangen hattet», jetzt aber Barmherzigkeit empfangen habt» (Verse 9 - 10).

Nachdem Petrus von dem «geistlichen Haus» gesprochen hat, geht er nun zu denen über, die in diesem Hause dienen, denn zu einem Tempel gehört notwendigerweise ein Priestertum. Petrus knüpft ohne Frage an das an, was Gott schon zu Mose gesagt hat: «Ihr sollt Mein Eigentum sein aus allen Völkern; denn die ganze Erde ist Mein; und ihr sollt Mir ein Königreich von Priestern und eine heilige Nation sein». (2. Mose 19,5.6). Wer ist heute dieses Volk—denn Israel ist um seiner Untreue willen verworfen—das solche Gunst und Vorrechte geniest? Es ist die Schar der Heiligen, die durch das Blut des Lammes erkauft sind. Petrus vermeidet es, von der «Ekklesia» zu reden, denn das ist die Botschaft, die Gott dem Apostel der Nationen, Paulus, übertragen hat. Als Apostel der Beschneidung hat Petrus das messianische Königreich vor Augen. Als Jude spricht er zu Juden von jüdischen Belangen, aber gerade dadurch zeigt er uns in vollendeter Schönheit, dass nicht nur alles erfüllt ist, was Israel erwartete, sondern weit darüber hinaus hat Gott Höheres und Kostbareres gegeben. Mitten aus einer verdorbenen Welt heraus hat Gott ein Volk für sich erwählt und weil Christus Herr der Herren und König der Könige ist, sind auch die Priester mit königlicher Würde ausgestattet. Wir sind als Sein Königtum um den König geschart und den Oberpriester umgeben wir als Sein Priestertum, ein königliches Priestertum und ein priesterliches Königtum. Welche Würden, welche Gnade, zu solchen Wesenheiten berufen zu sein!

Du, o Jesu, unser Retter,

Bist Hoherpriester und Vertreter

Der Deinigen zur Seligkeit.

Lieblich ist Dein Los gefallen,

Und Deinen Auserwählten allen

Ist gleiche Herrlichkeit bereit.

Du gabst auf dem Altar

Dich selber für uns dar zur Versöhnung:

Wir sollen rein, auf ewig Dein,

Ein Königtum und Priester sein.

Petrus hat die Gesamtheit der Heiligen vor Augen, darum spricht er von einer «Nation». Israel hätte als das auserwählte Volk ein Zeugnis für alle Völker sein sollen und die Vortrefflichkeiten Dessen verkündigen sollen, der es auserwählt und abgesondert hatte. Nun sind wir die Nation, die an seine Stelle getreten ist, nicht ein Volk wie andere Völker, sondern eine h e i l i g e Nation. Das ist die Berufung, mit der wir berufen sind! Ach, dass wir sie erfüllten!

Aus der Finsternis berufen zu Seinem wunderbaren Lichte dürfen wir «auf des Königs Straße ziehen» (4. Mose 20,17); in der Welt, aber nicht von der Welt. Wir sind «Gottes Volk», wir, die wir «kein Volk» waren, jeder nur sich selbst lebend und an sich selbst denkend in den Sünden und Leidenschaften dieser Welt. Fürwahr, die Barmherzigkeit, deren wir teilhaftig geworden sind, ist groß. Unendlich und unfassbar sind die Vorrechte, die wir nun als heilige Nation, als heilige und königliche Priester genießen! Wie müssen da die mancherlei Prüfungen, denen wir als Erdenpilger eine kleine Zeit unterworfen sind, zurücktreten. Wie klein und gering erscheinen sie in Anbetracht alles dessen, was uns geworden ist.

«Geliebte, ich ermahne euch als Fremdlinge, und die ihr ohne Bürgerrecht seid, dass ihr euch enthaltet von den fleischlichen Lüsten, welche wider die Seele streiten, indem ihr euren Wandel unter den Nationen ehrbar führet, damit sie, worin sie wider euch als von Übeltätern reden, aus den guten Werken, die sie anschauen, Gott verherrlichen am Tage der Heimsuchung » (Verse 11—12).

Gemieden, bemitleidet, verachtet und verstoßen, sind die Gläubigen ein Fremdkörper in dieser Welt. «Fremdlinge und ohne Bürgerrecht», sagt uns das Wort. Dies vor allem deshalb, weil Kinder Gottes an Sünden, Leidenschaften, Schwelgereien usw. dieser Welt nicht teilnehmen. Wir sind berufen, in Reinheit und Heiligkeit zu wandeln, denn die Augen der Welt sind, mehr als wir meinen, auf uns gerichtet. Wie sollen sie dem Evangelium glauben, wenn wir nicht dessen Grundsätzen entsprechend wandeln? Wie sollen Weltkinder Vertrauen fassen, wenn unser Wandel das Gegenteil ist von dem was wir bekennen? Die fleischlichen Lüste streiten wider die Seele, das will sagen, die Seele will nichts mit den Lüsten zu tun haben, aber das Fleisch liebt die Sünde, darum der stete, ununterbrochene Kampf zwischen der Seele, die das Gute will, und dem Bösen. Sobald wir dem Bösen Vorschub leisten, ist das Zeugnis dahin. Helfe uns Gott, dass wir ehrbar wandeln, damit die Welt keinen Grund findet, wider uns zu reden, sondern lasst uns vielmehr eines gottesfürchtigen Wandels und der guten Werke befleißigen. Das ist das beste Zeugnis für das Evangelium, denn die Welt hört nicht auf unsere Worte, sondern schaut auf unsere Werke.

Der Tag wird kommen, wo die Nationen in Bezug auf den Wandel den heiligen Gott verherrlichen werden und müssen. Heute wissen sie nichts anderes zu tun, als die Christen zu verleumden, und wider besseres Wissen sie ungerechterweise zu beschuldigen. Hatte doch Nero Rom anzünden lassen, und dann gesagt, die Christen hätten es getan. Diese Neros sind noch nicht ausgestorben. Gott nimmt aber Kenntnis von allem. Diesen Widersachern der Heiligen wurde am Tage des Heils ebenfalls die Gnadenbotschaft verkündigt; sie haben sie nicht angenommen, und in der Verfolgung der Heiligen verharrt. Nun ist der Tag der Heimsuchung, der Vergeltung, gekommen. Sie erinnern sich all der guten Taten, die, ihnen zum Zeugnis, von den Gläubigen vollbracht wurden. Sie hatten nur Hohn und Spott dafür übrig, nun aber müssen sie darüber Gott verherrlichen, aber die Gnadenzeit ist vorbei, für sie ist keine Rettung mehr in Ewigkeit.

«Unterwerfet euch nun aller menschlichen Einrichtung nm des Herrn willen: es sei dem Könige als Oberherrn, oder den Statthaltern als denen, die von ihm gesandt werden zur Bestrafung der Übeltäter, aber zum Lobe derer, die Gutes tun» (Verse 13—14).

Christus selbst hat geurteilt: «Gebet denn dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist» (Matth. 22, 21). Das ist deutlich, obwohl in einem revolutionären Zeitalter wie das gegenwärtige, es für den Christen mitunter etwas schwer werden kann, den göttlichen Weg klar zu sehen und zu gehen. Klar ist, dass Gläubige niemals den Weg politischer Empörung beschreiten können, denn wir sind berufen, staatlichen Einrichtungen, Königen, Oberherren, Statthaltern, die ihnen gebührende Ehre zu erweisen und uns den Landesgesetzen zu unterwerfen. Die Christen zur Zeit des römischen Kaisers Nero hatten bestimmt keinen leichten Stand, dennoch waren sie den obrigkeitlichen Gewalten untertan. Was damals richtig war, gilt auch heute in der modernen Zeit. Staats- und Familienordnung, beides geht Hand in Hand, sie sind gottgewollt und die Grundlage der Prosperität und des irdischen Segens. An Timotheus schreibt der Apostel Paulus: «Ich ermahne nun vor allen Dingen, dass Flehen, Gebete, Fürbitten, Danksagungen getan werden für alle Menschen, für Könige und alle, die in Hoheit sind, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen mögen in aller Gottseligkeit und würdigem Ernst» (1. Tim. 2,1. 2). Auch ist der Obrigkeit das Schwert nicht umsonst gegeben; sie hat über die Ordnung und Sittsamkeit zu wachen und die Übeltäter zu bestrafen, andererseits denen, die Gutes tun beizustehen und sie zu ehren, denn Gott hat Wohlgefallen an solchen.

«Denn also ist es der Wille Gottes, dass ihr durch Gutestun die Unwissenheit der unverständigen Menschen zum Schweigen bringet: als Freie und die nicht die Freiheit zum Deckmantel der Bosheit haben, sondern als Knechte Gottes. Erweiset allen Ehre; liebet die Brüderschaft; fürchtet Gott; ehret den König» (Verse 15—17).

Gottes Wille war unsere Errettung. Zu diesem Zwecke sandte Er Seinen Sohn, der uns nicht nur eine ewig vollgültige Erlösung brachte, sondern auch — vergessen wir es nicht—neue Menschen aus uns verlorenen Sündern gemacht hat. Geschöpfe, die nicht nur Gottes Willen kennen , sondern auch — und das mit Freuden — tun . Könnte der Unwissenheit unverständiger Menschen anders oder besser begegnet werden, als ihnen vorzuleben, was es heißt, nicht mehr ein Sklave der Sünde zu sein, sondern als Knechte Gottes in heiliger Freiheit zu leben. Die Freiheit des Evangeliums ist kein Freipass für das Böse, im Gegenteil, sie ist die Kraft, um die Sünde zu meiden und in Gottseligkeit zu wandeln.

«Erweiset allen Ehre!» Sind wir als «Heilige und Geliebte» mit Demut fest umhüllt, so dürfte es nicht schwer sein, diesem Gebot zu entsprechen. Es ist hier nicht die Ehrenbezeugung gemeint, die wir denen schuldig sind, die in Hoheit sind, nein, es geht hier darum, allen unseren Mitmenschen gegenüber höflich und liebenswürdig zu sein. O verbreite keine eisige Atmosphäre um dich her, dass die Menschen zu Eiszapfen erstarren!

«Liebt die Brüderschaft!» «Siehe, wie gut und lieblich ist es, wenn Brüder einträchtig beieinander wohnen!» singt schon David im 133. Psalm. Wie katastrophal wirkte sich das Verlassen der «ersten Liebe» in der Geschichte der Christenheit aus. Philadelphia, die vorbildliche Gemeinde, wurde zu Laodizäa, der Versammlung, die der Herr aus Seinem heiligen Munde als etwas ekelhaft Verdorbenes ausspeien musste. Zu bemerken ist noch, dass Bruderliebe nicht auf Kosten der Preisgabe der Wahrheit getätigt werden darf: denn eine Liebe, die sich nicht mit den Geboten des Herrn deckt, ist abwegig und keine Liebe im biblischen Sinne.

«Ehret den König!» In unserem demokratischen Lande scheint dieses Gebot überflüssig zu sein! Es ist aber offenbar, dass zwischen einem König und einer vom Volke gewählten Behörde diesbezüglich kein Unterschied besteht. Wir haben die Obrigkeit zu ehren und für sie zu beten, dann werden wir auch als Christen rechte Staatsbürger sein.

«Ihr Hausknechte, seid den Herren unterwürfig in aller Furcht, nicht allein den guten und gelinden, sondern auch den verkehrten» (Vers 18).

So lange diese Erde besteht, d. h. seit dem Sündenfall, hat es Herren und Knechte gegeben. Dies war aber nicht nach den Gedanken Gottes und wenn wir zum ersten Mal vom Knecht in der Bibel lesen, steht es in Verbindung mit dem Fluche, den Gott über das menschliche Geschlecht aussprechen musste. Wohl berücksichtigt der Herr in Seinen Unterweisungen diese Tatsache, aber das Bekehrtwerden ändert nichts an diesen sozialen Zuständen. Der Knecht bleibt Knecht, und der Herr bleibt Herr. Dies missachten oder aufheben wollen hat stets zu beklagenswerten Missständen geführt. Im Tausendjährigen Reich, wo Gott den Fluch in Gnaden aufhebt, wird es darum auch keine Herren und keine Knechte mehr geben. So lange die Gnadenzeit währt, ermahnt das Wort die Knechte, willig und unterwürfig zu sein, auch dann, wenn sie einem launigen, harten und selbst ungerechten Herrn zu dienen berufen sind.

«Denn dies ist wohlgefällig, wenn jemand um des Gewissens vor Gott willen Beschwerden erträgt, indem er ungerecht leidet» (Vers 19).

Wer hat mehr gelitten als unser Herr und Heiland selbst und zwar ungerecht. Er, der die personifizierte Heiligkeit war, wurde behandelt wie ein Übeltäter und Verbrecher. Sollen wir uns beklagen, wenn wir, die wir gewillt sind, in Seine Fußstapfen zu treten, Beschwerden zu ertragen haben, weil nun einmal die Welt uns hasst, wie sie den Herrn zuvor hasste. «Glückselig die um Gerechtigkeit willen Verfolgten; denn ihrer ist das Königreich der Himmel.»

«Denn was für einen Ruhm ist es, wenn ihr ausharret, indem ihr sündiget und geschlagen werdet ? Wenn ihr aber ausharret, indem ihr Gutes tut und leidet, das ist wohlgefällig bei Gott» (Vers 20).

Das Los der Sklaven war kein beneidenswertes, oft wurden sie sogar geschlagen. Durch den Segen des Christentums gibt es heute keine Leibeigenschaft mehr. Aber Ungerechtigkeit und Härten gibt es heute wie damals und das Gotteskind ist davon nicht ausgenommen. Wie viel verborgenes Leid und wie viel Kummer gibt es da. Dennoch sollen und dürfen die Gläubigen auch in solch schwerer Lage die Liebe und Güte des Herrn ausstrahlen. Groll und Bitterkeit gehören nicht in die Gesinnung des Gläubigen. Möchte der Herr allezeit unsere Freude und Kraft sein!

«Denn hierzu seid ihr berufen worden; denn auch Christus hat für euch gelitten, euch ein Beispiel hinterlassend, dass ihr Seinen Fußstapfen nachfolget» (Vers 21).

Berufen zu leiden, weil auch Christus gelitten hat —das ist das große Vorrecht der Kinder Gottes. Leiden entsprechen nicht unserer Natur; wir sind versucht sie zu fliehen. Darum hat Gott uns ein Beispiel höchster Erhabenheit und Vollkommenheit vor Augen gestellt: Christus, der Mann der Schmerzen. Ihn zu betrachten, Sein Verhalten, Seine Gesinnung, Seinen Gehorsam, Seine Abhängigkeit zu bewundern, das befähigt uns, in Seine Fußstapfen zu treten.

«Welcher keine Sünde tat, noch wurde Falschheit in Seinem Munde erfunden, der, gescholten, nicht wiederschalt, leidend, nicht drohte, sondern sich Dem übergab, der recht richtet» (Verse 22—23).

Fürwahr, ein Opfer ohne Makel und ohne Tadel. Nicht nur war keine Sünde in Ihm—ja, nicht einmal des Scheines einer Sünde konnte man Ihn zeihen —Er betet für Seine Peiniger, während diese in höhnendem Spott die Nägel durch Seine Hände und Füße bohrten. Legionen von Engeln hätten Ihm zur Verfügung gestanden, Er drohte nicht, Er schalt nicht, in vollkommener Abhängigkeit wollte Er nicht selber Richter sein, sondern überließ das Gericht Gott, der gesagt hat: «Mein ist die Rache; Ich will vergelten »(5. Mose 32, 35; Römer 12,19). Anbetungswürdiger Herr!

Herzliebster Jesu, was hast Du verbrochen,

Dass man solch Urteil wider Dich gesprochen?

Was ist die Schuld? In was für Missetaten

Bist Du geraten?

Was ist die Ursach' aller Deiner Plagen ?

Ach! meine Sünden haben Dich geschlagen;

Ich, mein Herr Jesu, hab' dieses verschuldet,

Was Du erduldet.

«Welcher selbst unsere Sünden an Seinem Leibe auf dem Holze getragen hat, damit wir, den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben, durch Dessen Striemen ihr heil geworden seid» (Vers 24).

Leiden nehmen in unserem Briefe einen großen Platz ein. Von Kapitel 2,19 bis zum Ende des Briefes sind wohl fünfzehnmal Leiden erwähnt. Leiden aber sind nicht zu trennen von Gehorsam. Christus litt auf Seiner ganzen Pilgrimschaft hienieden und in Sonderheit als Er in den öffentlichen Dienst trat. Am Kreuze litt Er für unsere Sünden «damit Er uns zu Gott führe», und dass wir nun als Seine teuer Erkauften Ihm leben. Durch Seine Striemen ist uns Heilung geworden, nicht nur Vergebung, sondern Kraft zu einem Leben in praktischer Gerechtigkeit.

Es singt von Deinen Schmerzen

Und Deiner Herrlichkeit

Die Schar versöhnter Herzen,

Von Schuld und Tod befreit.

Auch unser W a n d e l sei,

Du, Retter der Verlornen,

Ein Loblied Deiner Treu!

Es ist von großer Wichtigkeit zu erkennen, dass es unmöglich ist, Gott in einem Ihm wohlgefälligen Wandel zu dienen, wenn wir die Sühnung, die in Christus Jesus ist, nicht verstanden und nicht angenommen haben. Jede Tätigkeit für den Herrn muss ihre Grundlage im Werk von Golgatha haben. Christus war gehorsam bis zum Tode am Kreuz, da ist der Urquell auch unseres Gehorsams, die Kraft Ihn nachzuahmen.

«Denn ihr ginget in der Irre wie Schafe, aber ihr seid zurückgekehrt zu dem Hirten und Aufseher eurer Seelen» (Vers 25).

Der Weg, den der ungläubige Mensch geht, ist ein Irrweg. Auch wir, die wir heute des Herrn Eigentum sind, sind diesen Weg des Fleisches, der Sünde, des Eigenwillens und der Finsternis gegangen. Gottes Liebe ist uns nachgegangen, hat uns gesucht und nicht geruht, bis wir in den Wunden Seines Sohnes Heil und Rettung gefunden hatten. Auch der Psalmist sagt: «Ich bin umhergeirrt wie ein verlorenes Schaf» (Psalm 119,176), und im Hebräerbrief lesen wir: «Der Gott des Friedens aber, der aus den Toten wiederbrachte unseren Herrn Jesus, den großen Hirten der Schafe, in dem Blute des ewigen Bundes». Im fünften Kapitel unseres Briefes nennt Ihn Petrus den « Erzhirten » . Zu diesem großen und wunderbaren Hirten hat die Gnade Gottes uns zurückgeführt. Petrus, der selber ein Hirte der Schafe war, gemäß dem Gebote des Herrn: «Weide Meine Schafe!», war es ein Herzensanliegen, den Gläubigen den wahren Hirten groß und herrlich vor Augen zu stellen. Wir haben in Christus Jesus nicht nur einen milden, gütigen und freundlichen Hirten, der wohl weis Seine Herde zu behüten und zu beschützen, Er ist auch ein «Aufseher unserer Seelen». Der Aufseher-Dienst ist mit dem Hirten-Dienst eng verbunden und doch nicht das gleiche. Der Hirte leitet und führt, der Aufseher wacht und prüft. Wie spricht aus diesem allem die unendliche Liebe des Vaters zu Seinen Kindern! Mit welch gütigem Vaterauge blickt Er auf die Seinigen!

Ja, Du sorgest ohn' Ermüden

für uns alle Tag und Nacht;

Nie sind wir verwaist hienieden,

Vatertreu uns stets bewacht.

Deiner Liebe ist allein

Nichts zu groß und nichts zu klein;

Wo wir gehen, wo wir stehen,

Lässt Du Deine Lieb' uns sehen.


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