KAPITEL 15

Außer den vielen Mängeln, die in der Versamm­lung zu Korinth gefunden wurden, war es Satan auch gelungen, eine böse Lehre einzuführen, näm­lich das Leugnen der Auferstehung der Toten. Es handelte sich zwar nur um die Auferstehung des Leibes; aber durch diesen Irrtum wurde die Grund­lage des ganzen Christentums angetastet. Gab es keine Auferstehung, so ist auch Christus nicht auf­erstanden, und ist Christus nicht auferstanden, so sind auch unsere Sünden nicht weggenommen, und somit war das Evangelium nur eine Fabel. Ehe aber der Apostel auf diesen Gegenstand weiter eingeht, erinnert er die Korinther zuerst an das Evangelium, das er ihnen verkündigt hatte, das sie auch ange­nommen, in welchem sie auch standen und durch welches sie auch errettet waren, wenn sie anders an dem verkündigten Worte festhielten; es sei denn, dass sie vergeblich geglaubt hatten (Vers 1. 2). Und das Evangelium, das Paulus selbst empfangen und ihnen überliefert hatte, war dieses: «dass Christus für unsere Sünden gestorben ist, nach den Schriften; und dass Er begraben wurde und dass Er auferweckt worden ist am dritten Tage, nach den Schrif­ten» (Vers 3. 4). Die Auferstehung ist eins der wichtigsten Stücke des Evangeliums; denn wenn Christus nicht auferstanden wäre, welche Sicherheit hätten wir dann, dass unsere Sünde weggenommen ist? Hätte der Tod Ihn unter seiner Herrschaft be­halten, so wären wir nicht erlöst, und unser Glaube wäre umsonst.

Der Apostel wählte also für seine Beweisführung der Auferstehung ein sicheres Fundament; denn die Errettung der Korinther, sowie aller Gläubigen, ist von der Tatsache der Auferstehung ganz und gar abhängig und aufs innigste damit verbunden. Des­halb sucht nun der Apostel diese Tatsache durch eine Menge glaubwürdiger Zeugen außer allen Zweifel zu stellen. Die meisten von diesen lebten noch und verkündigten fortwährend den auferstan­denen Christus. Paulus konnte aber auch sein eige­nes Zeugnis hinzufügen, denn auch er hatte den Herrn in Herrlichkeit gesehen. Die Auferstehung Christi war also eine unleugbare Tatsache, wenn man nicht alle jene Zeugen als Betrüger oder Schwärmer erklären wollte. «Er ist erschienen dem Kephas, dann den Zwölfen. Dann erschien Er mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten bis jetzt übrig geblieben, etliche aber auch entschlafen sind. Dann erschien Er Jakobus, dann den Aposteln allen; am letzten aber von allen, als einer unzeitigen Geburt (d.h. außer der Zeit *)) er­schien Er auch mir. Denn ich bin der geringste der Apostel, der ich nicht würdig bin, ein Apostel genannt zu werden, weil ich die Versammlung Gottes ver­folgt habe» (Verse 5—9).

*) Die Bekehrung des Paulus, die durch die Erschei­nung des Christus in Herrlichkeit bewirkt wurde, ist ein Vorbild der Bekehrung Israels in den letzten Tagen. Auch sie werden Den in Herrlichkeit sehen, in Den sie gestochen haben, und durch eine unumschränkte Gnade errettet werden. Diese Zeit war aber noch nicht da; und deshalb nennt sich Paulus eine „unzeitige Geburt“, weil er vor dieser Zeit durch die Erscheinung des Christus Errettung erlangt hatte.

Welch ein nachahmungs­würdiges Beispiel von Demut! Paulus hatte nicht vergessen, was er gewesen war und was er getan hatte. Er bekannte es mit aller Offenheit und zu­gleich, mit dem tiefsten Gefühl des Schmerzes. Er schlug seine Sünde nicht deshalb weniger hoch an, weil er sie in der Unwissenheit und im unbekehrten Zustand seines Herzens getan hatte, wie dies leider so oft geschieht, sondern er betrachtete sie im Lichte Gottes, und darum konnte er nicht anders als mit tiefer Betrübnis und Beugung seines Herzens in die Vergangenheit zurückblicken, besonders beim Ge­danken an seinen Hass gegen die Versammlung Got­tes, in welcher er den geliebten Herrn, Dessen Leib sie ist, selbst verfolgt hatte. Doch beim Rückblick auf diese traurige Vergangenheit vergaß er nicht, die Gnade zu preisen, die sich an ihm, dem Un­würdigen, auf eine so ausnehmende Weise verherr­licht hatte. «Durch die Gnade Gottes aber bin ich, was ich bin, und Seine Gnade gegen mich ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe viel mehr ge­arbeitet als sie alle; nicht aber ich, sondern die Gnade Gottes, die mit mir war» (Vers 10). Wo wahre Erkenntnis der Sünde und unseres Nichts, da ist auch wahre Erkenntnis und Erhebung der Gnade Gottes.

Die Auferstehung des Christus war also eine Tat­sache, die durch eine große Menge glaubwürdiger Zeugen bestätigt und verkündigt wurde (Vers 11). Und deshalb fragt der Apostel: «Wenn aber Christus gepredigt wird, dass Er aus den Toten aufer­weckt sei, wie sagen etliche unter euch, dass es keine Auferstehung der Toten gebe?» (Vers 12). Dann zeigt er die unermesslichen Folgen, die mit der Leug­nung dieser Tatsache verknüpft waren. Alles war in Frage gestellt der Glaube, die Rechtfertigung, die Hoffnung, kurz, das ganze Christentum. «Wenn es aber keine Auferstehung der Toten gibt, so ist auch Christus nicht auferweckt worden. Wenn aber Chri­stus nicht auferweckt worden ist, dann ist auch un­sere Predigt vergeblich, aber auch euer Glaube ver­geblich. Wir werden aber auch als falsche Zeugen Gottes erfunden, weil wir in bezug auf Gott ge­zeugt haben, dass Er den Christus auferweckt habe, Den Er nicht auferweckt hat, wenn wirklich Tote nicht auferweckt werden. Denn wenn Tote nicht auferweckt werden, so ist auch Chri­stus nicht auferweckt worden. Wenn aber Chri­stus nicht auferweckt worden ist, so ist euer Glaube eitel, ihr seid noch in euren Sünden. So sind denn auch die, welche in Christus entschlafen sind, ver­loren gegangen. Wenn wir allein in diesem Leben auf Christus Hoffnung haben, so sind wir die elendesten von allen Menschen» (Verse 13—19); denn nur Verleugnung, Hass und Verfolgung vonseiten der Welt ist das Teil der Gläubigen hienieden.

Welch eine Tragweite hatte dieser Irrtum, der an und für sich so gering zu sein schien! War er eine Wahrheit, so war das ganze Christentum Lug und Trug und der Glaube nur ein eitler Wahn. O möchte doch dieses Beispiel uns lehren, jeden Irrtum, so unbedeutend er auch scheinen mag, im Lichte Gottes zu betrachten und mit heiligem Ernst zu behandeln! Mit dieser Lehre von der Auferstehung sind zu­gleich, die gesegnetsten Wahrheiten für unser Herz verbunden. Christus, Der in Gnaden unsern Platz unter dem Tode einnahm, um uns zu erretten, ist durch die Macht Gottes auferweckt worden. Er hat das Werk der Erlösung vollbracht, hat uns von der Sünde, von der Macht des Todes und des Satans völlig befreit. Seine Auferstehung ist das Siegel dieses Werkes, sowie die öffentliche Darstellung des Sieges im Menschen über alle Macht des Feindes. Beladen mit unsern Sünden, und für uns zur Sünde gemacht, starb Er am Kreuze, empfing den Sold der Sünde und stieg hinab ins Grab; aber ohne Sünde ist Er wieder auferstanden und hat sich als Überwinder über Sünde, Welt, Tod und Teufel zur Rechten Gottes gesetzt. Der Tod konnte Ihn nicht behalten, weil Er das Leben war; und teilhaftig geworden Seines Lebens, sind auch wir von der Sünde und all ihren Folgen, von der Macht des Todes und der Herrschaft dessen, der des Todes Gewalt hat, völlig befreit. Deshalb werden auch alle, die in Christus entschlafen sind, wegen ihrer Teilnahme an Seinem Leben und vermöge des in ihnen wohnenden Heiligen Geistes, auferweckt werden. Unter diesen aber nimmt Christus einen besondern Platz ein; Er ist der «Erstling der Entschlafenen» (Vers 20). Hätte Er nicht den Sieg davon getragen, so hätten auch wir für immer unter der Gewalt des Todes und unter der Herrschaft Satans bleiben müssen. Jetzt aber, Seines Lebens und Seines Geistes teilhaftig geworden, sind wir völlig gewiss, dass wir an Seinem Siege und an all den gesegneten Folgen desselben vollkommen teilhaben werden, und dass also auch der Leib unserer Niedrigkeit einmal dem Leibe Seiner Herrlichkeit gleichförmig sein wird.

Diese Auferstehung nun ist nicht einfach eine all­gemeine Auferstehung der Toten, sondern die im Herrn Entschlafenen werden, als Gegenstand der Gunst Gottes, aus ihren Gräbern auferweckt wer­den Unzertrennlich mit Christo vereinigt, werden sie nicht nur den Tod verlassen, sondern wie Er auch die Toten, denn diese werden in den Gräbern zurückbleiben; sie werden aus den Toten aufer­stehen. (Vergl. Lukas 20, 35; Phil. 3,11). Ohne Zweifel werden alle Menschen aus ihren Gräbern hervorgerufen werden, und zwar durch Christus, Dem alles Gericht übergeben ist; aber die Auferste­hung der Gottlosen wird mit der der Gerechten we­der nach denselben Grundsätzen sein, noch zu der­selben Zeit stattfinden. Die einen kommen zur Auf­erstehung des Lebens, die andern zur Auferstehung des Gerichts, welches der zweite Tod ist. Die einen werden auferweckt, weil sie den Geist und das Le­ben Christi haben; die andern, entblößt von diesem Geist und diesem Leben, werden durch den maje­stätischen Machtruf des Christus aus ihren Gräbern hervorkommen, um gerichtet zu werden. Die einen haben teil an der ersten Auferstehung, die vor dem tausendjährigen Reiche Christi stattfinden wird; die andern werden erst nach Vollendung dieses Reiches auferweckt und vor den großen, weißen Thron gestellt werden. (Vergl. Offbg. 20, 11—15 ). Dieser Unterschied ist in dem Worte Gottes deutlich ge­offenbart und von großer Wichtigkeit.

Die Auferstehung nun muss durch den Menschen sein; «denn sintemal durch einen Menschen der Tod kam, so auch durch einen Menschen die Auf­erstehung der Toten» (Vers 21). In diesen Worten werden uns zwei große Grundsätze vorgestellt. Der Mensch hatte alles verloren; er lag gefangen unter der Sünde und ihren Folgen, und nur durch einen Menschen konnte er aus diesem Zustande errettet werden. Gott selbst trat ins Mittel. Er sandte Sei­nen eingebornen Sohn in die Welt; und als Mensch ist Christus für den Menschen gestorben und als Mensch für den Menschen wieder auferstanden. Sein Sieg ist unser Sieg. Eine Pflanze mit Ihm in Seinem Tode wie in Seiner Auferstehung, sind wir völlig aus jenem Zustand errettet, wo Sünde und Tod uns gefangen hielten. Wir sind in eine Stellung versetzt, wo das Böse seinen verderblichen Einfluss nicht mehr ausüben kann. Die Sünde und die Macht des Feindes bleiben für immer außerhalb der neuen Schöpfung, in welche wir durch die Aufer­stehung gebracht sind. Es ist die Frucht der Macht Gottes, die uns für immer von aller Verantwortlichkeit, worin wir von Natur waren, befreit hat. Wir haben in und mit Christus einen herrlichen und vollkommenen Sieg erlangt. «Denn gleichwie in dem Adam alle sterben, also werden auch in dem Christus alle lebendig gemacht werden» (Vers 22). Hier werden uns die Häupter zweier Geschlechter oder Familien vorgestellt, Adam und Christus. Die Familie ist aus dem Haupte hervorgegangen und in gewisser Beziehung von ihm abhängig. Adam nun brachte den Tod in die Mitte seiner Nachkommen; er kam über alle, die mit ihm in Verbindung wa­ren; «denn der Tod ist zu allen Menschen hindurchgedrungen». Christus, in Welchem das Leben ist, bringt das Leben in die Mitte der Seinigen; alle besitzen es in Ihm, die an Seinen Namen glauben. So wie der Tod den ersten Adam und sein Ge­schlecht charakterisiert, so charakterisiert das Le­ben den zweiten Adam und die, welche Sein sind; aber dieses Leben ist in der Macht der Auferste­hung, ohne die es den Seinigen nicht mitgeteilt wer­den könnte. Das Weizenkorn war zwar vollkom­men in sich selbst, aber ohne in die Erde zu fallen, würde es allein geblieben sein. Christus aber ist für ihre Sünden gestorben; und jetzt, nachdem Er alle ihre Sünden getilgt hat, teilt Er ihnen das Le­ben mit.

In der Auferstehung aber gibt es, wie schon vor­hin angedeutet wurde, eine gewisse Ordnung, nach welcher die Ratschlüsse Gottes ihre Erfüllung fin­den. «Der Erstling, Christus, dann die, welche des Christus sind bei Seiner Ankunft. Dann das Ende, wenn Er das Reich dem Gott und Vater übergeben wird, wenn Er weggetan haben wird alle Herr­schaft und alle Gewalt und Macht» (Verse 23. 24). Paulus geht hier nicht weiter in die Einzelheiten ein, sondern gibt nur eine allgemeine Übersicht von dem, was geschehen wird. Sein Zweck ist, die Auf­erstehung zu beweisen, und deshalb führt er die einzelnen Tatsachen nur kurz an, und auch nur in­soweit, als sie mit diesem Gegenstand in Verbindung stehen. Christus ist also die Erstlingsfrucht der Auferstehung, und darnach jene, welche Sein sind, bei Seiner Ankunft. Sie werden lebendig ge­macht gemäß der Kraft des Lebens, das in Christus ist; es ist die Auferstehung des Lebens. Er hat den Vater verherrlicht und darum hat Er von Ihm Ge­walt über alles Fleisch empfangen, damit Er das ewige Leben gebe allen, die Er Ihm gegeben hat (Joh. 17, 2). Und für diese hat Er die Herrschaft des Todes über sie zerstört und sie des ewigen Le­bens teilhaftig gemacht; und dieses Leben wird bei der Auferweckung auch an ihrem Leibe geoffen­bart werden. Die Auferstehung der Gottlosen findet hier keine Erwähnung; denn nachdem der Apostel von der der Gerechten, bei der Ankunft des Chri­stus, gesprochen hat, sagt er: «dann das Ende, wenn Er das Reich dem Gott und Vater übergibt » (Vers 24). Wir wissen aber nach Offenbarung 20, dass zwischen diesen beiden Tatsachen ein Zeitraum von tausend Jahren liegt, während welcher Periode Christus als König über die ganze Erde herrschen wird, auf der dann Friede und Gerechtigkeit wohnen werden. «Denn Er muss herrschen, bis Er alle Feinde unter Seine Füße gelegt hat. Der letzte Feind, der weggetan wird, ist der Tod» (Verse 25. 26). Alles wird Ihm unterworfen werden, alles muss anerkennen, sei es freiwillig oder gezwungen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters. Wenn Er kommt, wird Er Sein Reich empfangen und wird mit großer Macht handeln. Er wird allen Widerstand und Auflehnung brechen und alle Feinde unter Seine Füße legen, zuletzt auch den Tod. Die Vernichtung desselben steht in Verbin­dung mit der Auferstehung der Gottlosen, die durch den Machtruf Christi aus ihren Gräbern hervorgerufen werden. Christus hat durch Seine Auferstehung und Verherrlichung des Vaters Gewalt über alles empfangen; auch der Tod hat seine Herrschaft über die Gottlosen verloren. Er beseitigt jenen, in­dem Er diese auferweckt, um sie auf ewig dem zweiten Tode, dem Feuersee, zu übergeben. Darnach wird das Ende sein, wenn Er das Reich dem Gott und Vater überliefert. «Alles hat Er (Gott) Seinen Füßen unterworfen (Psalm 8, 6). Wenn Er aber sagt, dass alles unterworfen sei, so ist es offenbar, dass Der ausgenommen ist, Der Ihm alles unterworfen hat. Wenn Ihm aber alles unter­worfen sein wird, dann wird auch der Sohn selbst Dem unterworfen sein, Der Ihm alles unterworfen hat, auf dass Gott alles in allem sei» (Verse 27. 28). Bei dieser Unterordnung des Sohnes handelt es sich nicht um Seine Natur, sondern um Seine Stellung als Mensch und um Seine Herrschaft über alle Dinge. Wenn alle Macht und Gewalt zunichte gemacht, wenn alle Dinge Seinen Füßen unterworfen, alle Seine Feinde zur Anerkennung Seiner Herrschaft gebracht sind, und zuletzt auch der Tod hinweg­getan ist, dann gibt Er alles dem Vater zurück, Der es Ihm untergeordnet hat; ja, Er selbst ist dann in Seiner Stellung als Mensch völlig untergeordnet, wie Er es auch hienieden war, damit Gott alles in allem sei. Er hört nie auf, eins mit dem Vater zu sein, ebenso wenig wie dies der Fall war, als Er in Niedrigkeit auf dieser Erde wandelte; aber nachdem alles erfüllt ist, was in Psalm 8 und Hebr. 2, bezüg­lich der Unterwerfung aller Dinge unter des Men­schensohnes — Christus — gesagt ist, wird Er alles der Alleinherrschaft Gottes übergeben. Er selbst wird dann für immer Seinen Platz als Mensch, als Haupt der ganzen Familie der Erlösten einnehmen, obwohl Er zu gleicher Zeit Gott ist, hochgelobt in Ewigkeit, und eins mit dem Vater.

In diesem kurzen Abschnitt von Vers 20—28, der gleichsam eine Parenthese (Zwischensatz) bildet, finden wir also in Verbindung mit der Auferstehung höchst wichtige Grundsätze und herrliche Rat­schlüsse Gottes entfaltet. Der Tod ist durch den Menschen, und das Leben ist durch den Menschen; der Tod durch den ersten, das Leben durch den zweiten Adam. In der Auferstehung ist Christus der Erstling, darnach die, welche Sein sind, bei Seiner Ankunft. Sie stehen mit Ihm in der innigsten Verwandtschaft; sie sind Teilhaber Seines Lebens, Sei­nes Geistes und Seines Sieges über Sünde, Welt, Tod und Teufel. Christus, der auferstandene Mensch, ist Herr über alle Dinge und hat Macht über alles Fleisch. Er zerstört zuletzt den Tod, nachdem Er auch die Gottlosen, durch ihre Auferweckung zum Gericht, seiner Herrschaft entrissen hat, und über­gibt dann das Reich dem Gott und Vater, und ist selbst als Mensch Dem untergeordnet, der Ihm al­les unterworfen hat.

In Vers 29 nimmt nun der Apostel den mit dem 19. Verse abgebrochenen Faden der Gedanken wie­der auf; und wir werden die Erklärung dieser Stelle nicht schwierig finden, sobald wir sie in Verbindung mit dem 18. und 19. Verse betrachten. Dort hatte der Apostel gesagt, wenn es keine Auferstehung gäbe, so wären die in Christo Entschlafenen ver­loren, und die Gläubigen wären die elendesten un­ter allen Menschen; und hier fährt er im Blick auf jene Leugnung der Auferstehung fort, zu fragen: «Was werden sonst die tun, die für die Toten ge­tauft werden, wenn überhaupt Tote nicht auferweckt werden? Warum werden sie auch für sie getauft?» (Vers 29). Die Gläubigen werden hier gleichsam wie ein Kriegsheer betrachtet, das in dieser Welt für den Namen Jesu und die zu erwartende Herrlichkeit kämpft, und in diesem Kampfe viele Entbehrungen und Verfolgungen, und mancher so­gar, wie namentlich zu jener Zeit, den Tod zu er­dulden hat. War es nun nicht töricht, ein Christ zu werden, oder an die Stelle jener einzutreten, die, wenn es keine Auferstehung und also auch keine Hoffnung der Herrlichkeit gab, nichts als den Tod gefunden hatten? War es nicht töricht, sich durch die Taufe in die Reihen jenes Heeres einführen zu lassen, um nichts weiter als Elend und Tod zu fin­den? Und in diesem Gedanken fortgehend, fragt der Apostel weiter: «Warum sind auch wir jede Stunde in Gefahr? Täglich sterbe ich, bei euerm Rühmen, das ich habe in Christus Jesus, unserm Herrn. Wenn ich, nach Menschenweise zu reden, mit wilden Tieren gekämpft habe zu Ephesus, was nützt es mir, wenn Tote nicht auferweckt werden?» (Verse 30—32). Gewiss wäre es große Torheit ge­wesen, wenn er ohne Zweck und Nutzen einen Weg verfolgt hätte, der ihm jede Stunde neue Gefahren brachte, und auf dem der Tod von allen Sei­ten auf ihn lauerte, so dass er, was sein Gefühl be­traf, täglich starb; denn dies war sein Ruhm in Christo, für Dessen Namen er sich einer steten Le­bensgefahr aussetzte. Besonders war dies in Ephesus der Fall gewesen, wo die Wut der Menschen eine solche Höhe erreichte, dass er gleichsam einen, in je­ner Zeit üblichen Tierkampf zu bestehen hatte. (Vergl. 2. Kor. 1, 8. 9; 1. Kor. 4, 8-12). Jeden­falls ist dieser Kampf bildlich und nicht buchstäb­lich zu verstehen, wie wir eine ähnliche Redensart auch wohl an andern Stellen finden, wie z. B. in 2. Timoth. 4, 17, wo Paulus sagt, dass er aus dem «Rachen des Löwen» gerettet worden sei. Was würde für ihn dies alles für Nutzen gehabt haben, wenn die Toten nicht auferweckt werden?

Bei dieser Frage der Auferstehung handelt es sich aber nicht um die Unsterblichkeit der Seele, ob­gleich es wahr ist, dass der Tod diese nicht antasten kann, sondern um die Auferstehung des Leibes. Gott hat es mit dem Menschen zu tun, und der Mensch besteht aus Geist, Seele und Leib. Er muss von alle dem, was er im Leibe getan hat, Rechen­schaft ablegen; und dies wird er tun, nachdem er auferweckt ist. Im Tode wird die Seele vom Leibe getrennt, mag der Mensch glücklich oder unglück­lich, errettet oder verloren sein; und in diesem Zu­stande ist der Gläubige weder mit Herrlichkeit bekleidet, noch wird an dem Ungläubigen das Gericht ausgeübt werden. Sobald man deshalb die Auferstehung leugnet, leugnet man die wahren Bezie­hungen Gottes zu den Menschen, und man macht den Tod zum Ende desselben. Wohl wäre dies in Übereinstimmung mit dem Willen des natürlichen Menschen; aber der Apostel ruft mit großem Ernst den Korinthern zu: «Lasset euch nicht verführen! Böser Verkehr verdirbt gute Sitten. Werdet rechtschaffen, nüchtern und sündigt nicht; denn etliche sind in Unwissenheit über Gott zur Beschämung sage ich's euch» (Verse 33. 34). Paulus betrachtet die Völlerei als die Quelle der Leugnung der Aufer­stehung; und dies ist sehr wahr, denn wenn es keine Auferstehung gibt, so «lasset uns», gleich dem un­vernünftigen Geschöpf, «essen und trinken, denn morgen sterben wir» (Vers 32).

«Es wird aber jemand sagen», fährt dann der Apostel fort: «Wie werden die Toten auferweckt? und mit welchem Leibe kommen sie?» (Vers 35). Auf diese neugierige Frage aber gibt er keine be­stimmte Antwort. Er bezeichnet vielmehr einen sol­chen Frager als einen Toren, indem er täglich Ge­legenheit hat, im Reiche der Natur eine genügende Antwort zu finden. Das in die Erde geworfene Sa­menkorn muss sterben, ehe ein neuer Körper, wie er ihm nach dem Willen des Schöpfers gegeben wird, hervorkommt; und Er gibt jedem Samen seinen ei­genen Körper (Verse 36—38). Ebenso ist auch der Auferstehungsleib eine Frucht der Macht Gottes und nach dem freien Willen Dessen, Der ihn der Seele zu einer herrlichen Wohnung gibt. Immer aber wird es ein wahrhaft menschlicher Leib bleiben. Es wird ein Leib sein, der für seinen Bewohner ganz und gar geeignet ist. So wie es aber verschiedene Arten von Fleisch gibt, so gibt es auch himmlische und irdische Körper, und so wie sich die Herrlich­keit der Sonne von der des Mondes und die ver­schiedenen Sterne untereinander sich an Herrlich­keit unterscheiden, so unterscheidet sich auch die Herrlichkeit der himmlischen von der Herrlichkeit der irdischen Leiber (Verse 39—41). Dass hier nicht von verschiedenen Stufen oder Graden der Herr­lichkeit dieses Leibes die Rede sein kann, geht sehr deutlich aus 1. Joh. 3, 2 hervor, wo gesagt ist: «Wir wissen aber, dass, wenn Er geoffenbart ist, wir Ihm gleich sein werden; denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist.» Wenn wir aber alle, auch dem Leibe nach, Ihm gleich sind, so werden wir es auch unter­einander sein; und es kann hier also von verschie­denen Graden in unserer Herrlichkeit durchaus keine Rede sein. Wir sagen: unsere Herrlichkeit, denn es ist die Herrlichkeit der Versammlung, welche die Fülle Dessen ist, Der alles in allem er­füllt. Sie wird Ihm vollkommen gleich sein. Sie ge­hört, wie Er, dem Himmel an und wird deshalb auch der himmlischen Herrlichkeit teilhaftig wer­den. Es gibt aber auch eine irdische Herrlichkeit, wovon aber an dieser Stelle nicht weiter die Rede ist. Die himmlische Herrlichkeit bezeichnet den Cha­rakter unserer Auferstehung. Unsere Leiber werden unverweslich und herrlich, Gefäße der Kraft und geistig sein. «Es wird gesät in Verwesung, es wird auferweckt in Unverweslichkeit. Es wird gesät in Unehre, es wird auferweckt in Herrlichkeit, es wird gesät in Schwachheit, es wird auferweckt in Kraft; es wird gesät ein natürlicher Leib, es wird aufer­weckt ein geistiger Leib. Wenn es einen natürlichen Leib gibt, so gibt es auch einen geistigen» (Vers 42—44). Alles, was an die Sünde, an den Staub und an das Irdische erinnert, wird bei unserer Auf­erstehung vollkommen verschwunden sein. Der ver­wesliche Leib mag entseelt, mag in die Erde gelegt und ganz und gar zu Staub werden, bei der Auferstehung aus den Toten wird er in Herrlichkeit und Ehre wieder zum Vorschein kommen, ohne die geringste Spur seines frühern niedrigen Zustandes an sich zu tragen.

Indem nun der Apostel auf diesen köstli­chen Gegenstand weiter eingeht, kommt er auf den großen Unterschied zu reden, der zwischen dem ersten und dem zweiten Adam, und zwi­schen denen, die mit dem ersten, und denen, die mit dem zweiten Adam in Verbindung sind, besteht. «So steht auch geschrieben: Der erste Mensch, Adam, ward eine lebendige Seele (1. Mose 2, 7) ; der letzte Adam, ein lebendigmachender Geist. Aber das Geistige war nicht zuerst, sondern das Natürliche, dann das Geistige. Der erste Mensch ist von der Erde, von Staub; der zweite Mensch vom Himmel» (Verse 45—47) . Der Leib des ersten Adams war ein natürlicher Leib, aus demselben Staube gemacht, wie der aller Tiere; sein Leben war das einer lebendigen Seele. Nachdem Gott den Adam aus dem Staub der Erde gebildet hatte, blies Er ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Hier­durch kam er in Verbindung mit Gott, oder wie Paulus dies auf dem Areopag in Athen ausdrückte «Wir sind göttlichen Geschlechts!» Sein Betragen hätte diesem entsprechen sollen, und Gott selbst würde sich ihm geoffenbart haben, um ihn moralisch in dem Zustande zu erhalten, in den er durch die­sen Odem des Lebens gekommen war. Allein ob­wohl er frei vom Tode war, weil ihm Gott den Odem des Lebens eingehaucht hatte, so blieb er dennoch nur eine lebendige Seele. Er hätte nie zu einem lebendigmachenden Geiste werden können, weil er das Leben nicht als sein Eigentum, als aus ihm selbst hervorkommend, besaß, sondern als von Gott gegeben, durch Dessen Macht es auch bewahrt werden musste. Die Bedingung für ein fortdauerndes Leben in diesem Zustande war ein vollkommener Gehorsam gegen die Gebote Gottes; und sobald dieser aufhörte, war auch zugleich die Beziehung zu Gott zerstört, und der Tod mit all seinen Schrec­ken stand vor der Tür. «An dem Tage, wo ihr da­von esset, werdet ihr des Todes sterben." Adam hatte gegessen und darum war seine Beziehung zu Gott vernichtet und der Tod sein Teil. Wir alle sind nun nach seinem Falle aus ihm hervorgegangen und haben deshalb den Zustand, in den die Sünde ihn gebracht, mit all seinen Folgen von ihm geerbt. Wenn nun Gott uns wieder mit sich in Verbindung bringen wollte, so musste Er uns einen andern aus dem Himmel senden, der ein lebendigmachender Geist war, und also die Macht hatte, uns das Leben mitzuteilen. Und diese Macht finden wir in dem letzten Adam; er ist zu einem lebendigmachenden Geiste geworden. Er hat nicht nur das Leben einer lebendigen Seele, sondern hat das Leben in sich selber, und kann deshalb lebendig machen, welchen Er will. Dies ist von großer Wichtigkeit, weil Er als ein wahrhaftiger Mensch auf der Erde war. Es ist jetzt nicht allein Gott, Der lebendig macht, welchen Er will, sondern auch der letzte Adam. Chri­stus, das Haupt eines neuen Geschlechts, hat diese Macht in sich selber, denn es steht geschrieben: «Gleichwie der Vater das Leben hat in sich selber, also hat Er auch dem Sohne gegeben, das Leben zu haben in sich selber» (Joh. 5, 26). Und in bezug auf uns ist gesagt: «Dies ist das Zeugnis dass Gott uns das ewige Leben gegeben hat, und dieses Leben ist in Seinem Sohne. Wer den Sohn hat, hat das Leben, wer den Sohn Gottes nicht hat, hat das Le­ben nicht» (1. Joh. 5, 11.12).

Dies ist aber nicht alles, was uns hier mitgeteilt wird. Der Apostel sagt weiter: «Der erste Mensch, ist von der Erde, von Staub.» Er hat seinen Ur­sprung von der Erde, und dies nicht nach, sondern vor seinem Falle. Gott macht ihn aus dem Staube der Erde, und weil er gefallen ist, so muss er auch wieder zum Staub zurückkehren. Der zweite Adam aber, obwohl Er ebenso wahrhaft Mensch ist wie der erste, ist der Herr vom Himmel. Und wir, als zum ersten Adam gehörend, sind von der Erde, von Staub; und «wie der von Staub ist, so sind auch die, welche von Staub sind», aber sobald wir das Leben des zweiten Adams empfangen haben, haben wir teil an der Herrlichkeit, die Er als Mensch besitzt. Wir sind Ihm gleich; denn «wie der Himm­lische, so sind auch, die Himmlischen» (Vers 48). Ehe dies aber stattfinden konnte, musste Christus zu­erst alle Gerechtigkeit erfüllt, eine Sühnung für die Sünde gemacht, den Tod überwunden und die Macht Satans gebrochen haben. Er musste ein Ende machen mit dem ganzen Zustande des ersten Adams, damit Er darnach als der zweite und letzte Adam, als der lebendigmachende Geist, das Haupt eines neuen geistlichen Geschlechts werden konnte — eines Geschlechts, das vollkommen mit Ihm ver­einigt ist und das teilnimmt an allen Vorrechten. Der Gläubige befindet sich in einem Zustand, der Gott entspricht, darum vermag er in der Kraft des neuen Lebens vor Ihm zu stehen. Also mit dem zwei­ten Adam vereinigt und durch Seinen Geist lebendig gemacht, sind wir in einen Zustand versetzt, der uns nicht allein von dem traurigen und elenden Zustande eines Sünders völlig getrennt hat, sondern auch zu gleicher Zeit himmelweit von dem Zustande verschieden ist, worin Adam vor dem Falle war, weil wir des Lebens teilhaftig geworden, das von Ewigkeit her bestand und bis in alle Ewigkeit be­stehen wird, und wir mit dem Herrn vom Himmel völlig eins geworden sind.

Dies ist das Resultat unserer herrlichen Erlösung: «Wie wir das Bild dessen von Staub getragen haben, so werden wir auch das Bild des Himmlischen tragen» (Vers 49). Dem Geiste nach sind wir schon dem Herrn vom Himmel gleichförmig: aber es wird auch der Augenblick kommen, wo unsere irdische Hütte verwandelt werden wird und wir einen Leib empfangen werden, der gleich ist dem herr­lichen Auferstehungsleib Dessen, der als unser Er­löser und Bräutigam schon Seinen Platz zur Rech­ten Gottes eingenommen hat, um uns dort im Hause Seines Vaters eine Stätte zu bereiten, damit wir nicht allein an Seinem Leben, sondern auch an Seiner Herrlichkeit teilhaben. «Dies aber sage ich, Brüder, dass Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht ererben können, auch die Verwesung nicht die Un­verweslichkeit erben wird» (Vers 50). Es ist unmöglich, dass wir in diesem verweslichen und ir­dischen Leibe die Herrlichkeit des Himmels anzu­schauen vermögen, und deshalb ist es nötig, dass, ehe wir in dieselbe eingehen, unser Leib verwandelt und dem unseres geliebten Herrn und Heilandes Jesus Christus gleichförmig sei. Und es ist der Geist Gottes und des Christus, Der in uns wohnt und uns für die Gewissheit unserer herrlichen Verwandlung völlige Bürgschaft leistet.

Alle die herrlichen Wahrheiten, die uns in diesem unschätzbaren Kapitel mitgeteilt sind, werden jetzt noch durch eine neue Offenbarung gekrönt auf welche Art und Weise nämlich alle Heiligen, so­wohl die noch lebenden als auch die schon entschlafenen, zu der Gleichförmigkeit mit dem verherrlichten Christus gelangen werden, eine Offenba­rung, die bis zu jenem Augenblicke für die Korin­ther noch ein Geheimnis war, und ach! obwohl jetzt vollkommen kundgemacht, von so vielen Gläubigen unserer Tage wenig geschätzt wird. «Siehe! ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden zwar nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt wer­den, in einem Nu, in einem Augenblick, bei der letz­ten Posaune. *) Denn posaunen wird es, und die Toten werden unverweslich, auferweckt, und wir werden verwandelt werden" (Verse 51. 52).

*) Man hat bei diesem Ausdruck «letzte Posaune» oft an die siebente Posaune in Offbg. 11 gedacht und dann selbstredend daraus gefolgert, dass die Auferstehung und Verwandlung der Heiligen in jenen Zeitpunkt der Ge­richte fallen müsse. Doch stehen nach unserm Dafürhalten die sieben Posaunen in der Offenbarung, von denen erst lange Zeit nach diesem Brief an die Korin­ther und selbst erst nach dem Tode Paulus' die Rede war, in gar keiner Verbindung mit der hier erwähnten Posaune, noch mit der in Matthäus 24 und den jüdi­schen Propheten. Jene sieben Posaunen sind ohne Frage Gerichtsposaunen und müssen in Verbindung mit dem übrigen Inhalt des Buches der Offenbarung und in ihrem eigenen Zusammenhange betrachtet werden, wie dies auch bei den übrigen Ereignissen geschehen muss. Hier in 1. Korinther 15, 12 spricht nun Paulus einzig und allein von den auferstandenen und verwandelten Heiligen, und darum muss auch die hier erwähnte Po­saune — auf diesen Gegenstand beschränkt werden. In Jesaja 27, 13, wo ebenfalls von einer Posaune — eine Posaune der Gnade — die Rede ist, verbindet sie der Herr mit der Sammlung des israelitischen Überrestes. Zwischen diesen beiden Ereignissen nun, der Auferstehung und Verwandlung der Heiligen und der Samm­lung des israelischen Überrestes, werden jene sieben Posaunen in der Offenbarung erfüllt, wenn man nicht die letzte derselben als zusammenfallend mit der Aufforderung an das zerstreute Israel denkt. Zugleich scheint es uns, dass dieser Ausdruck « letzte Posaune » einfach eine Anspielung auf etwas ist, das in der da­maligen römischen Welt allgemein bekannt war, das militärische Endsignal zum Abmarsch, nachdem die vorhergehenden Weisungen zum Aufbruch des Lagers gegeben und erfüllt waren. Alle standen bereit und warteten auf den letzten Ton der Posaune, um gemein­schaftlich aufzubrechen. Und dies bezeichnet die Stel­lung der Gemeinde in der gegenwärtigen Zeit.

Welch ein wunderbares und herrliches Geheimnis wird hier dem Glauben der Heiligen eröffnet! In einem Nu, in einem Augenblicke, beim Schall der Posaune, werden die Heiligen aus ihren Gräbern hervor­gehen, nicht mehr bekleidet mit einem verweslichen Leibe, sondern mit einem unverweslichen, gleich dem Glanze der Herrlichkeit des Himmels und gleichgestaltet dem Leibe des Überwinders über Tod und Grab; und in demselben Augenblicke werden die noch lebenden Heiligen — die Sterb­lichen — wo sie auch sein mögen, ebenso plötzlich — zur Unsterblichkeit — verwandelt werden. «Denn dieses Verwesliche muss Unverweslichkeit anziehen, und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen» (Vers 53). Die Hütte, gebildet aus dem Staub der Erde, wird auf einmal in eine himmlische verwandelt, vollkommen geeignet, um die Herrlich­keit des Christus zu schauen und mit Ihm zu ge­nießen. In dem Augenblicke, wo die entschlafenen Heiligen auferweckt und die Lebenden verwandelt werden, werden sie zusammen in den Wolken dem Herrn entgegengerückt werden in die Luft, um für immer bei Ihm zu sein. (Vergl. 1. Thess. 4, 13—18). Welche Hoffnung!

Das ist das große und herrliche Geheimnis, wel­ches der Apostel hier den Korinthern offenbart, und wodurch jedes Herz, das den Herrn kennt und liebt, mit großer Freude erfüllt wird. Paulus selbst lebte in der steten Erwartung dieses glückseligen Augenblicks; denn sowohl hier als auch im Brief an die, Thessalonicher sagt er: «Wir werden ver­wandelt werden.» Er erwartete überkleidet und nicht entkleidet zu werden. Er liebte seinen Herrn; er kannte Seine Verheißung und sehnte sich nach deren Erfüllung. Wusste er auch nicht die Stunde, so wusste er doch gewiss, dass Er wiederkam, und erwartete Ihn jeden Augenblick. Sein liebendes und verlangendes Herz setzte keine Zeit zwischen seine Erwartung und deren Erfüllung, weil auch der Herr keine gesetzt hatte. O möchten doch alle Heiligen seine Gesinnung teilen!

«Wenn aber», so fährt der Apostel fort, «dieses Verwesliche Unverweslichkeit anziehen und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen wird, dann wird das Wort erfüllt werden, das geschrieben steht: «Verschlungen ist der Tod in Sieg» (Vers 54. Vergl. Jes. 25, 8). Für den Christen ist der Tod ganz und gar überwunden; er ist hinweggetan. Der Gläubige besitzt in dem auferstandenen Christus ein Leben, das ihn über den Tod erhebt, nicht körperlich, aber ohne Frage moralisch. Der Tod, als Frucht der Sünde und als Gericht, hat seine ganze Macht über die Seele verloren. Er ist so vollkommen über­wunden, dass es viele geben wird, die nicht ster­ben. Alle Gläubigen besitzen Christus als ihr Le­ben. Während Er abwesend ist, und dies wird so­lange der Fall sein, als Er zur Rechten des Vaters sitzt und unser Leben mit Ihm in Gott verborgen ist, werden wir körperlich sterben, d. h. die Seele wird vom Körper getrennt werden. Sobald Er aber zurückkommt, sobald Er den Thron Seines Vaters verlässt, um die Seinigen zu sich zu nehmen, und dies wird Er tun, bevor die Gerichte über diese Welt hereinbrechen, wird Er völlig Seine Macht an ihnen ausüben, und der Tod ist nicht imstande, ir­gendwelchen Widerstand zu leisten. Alle Lebenden werden, ohne zu sterben, in Seine Herrlichkeit ein­gehen. Sicher war die Bildung des Menschen aus dem Staub der Erde ein herrlicher Beweis von der Allmacht des Schöpfers; aber einen noch weit herrlicheren Beweis der allmächtigen Kraft Gottes ist die Auferstehung des aus dem Staube wiederkeh­renden Menschen. Doch über diesem allem steht die Verwandlung der lebenden Heiligen bei der Ankunft Jesu, weil sie uns auf eine herrliche Weise zeigt, wie vollkommen Christus über den Tod ge­siegt und wie vollkommen Er auch die letzte Spur der Sünde getilgt hat. Ja, durch Seine Gnade bringt Er den elenden, schuldigen und feindlichen Sünder zu der höchsten Stufe der Ehre, weil Er an ihm die ganze Kraft Seiner göttlichen Allmacht ausübt. Und diese vollkommene Erlösung, obwohl wir sie noch immer erwarten, können wir doch schon jetzt mit dem Auge des Glaubens in der Herrlichkeit der Per­son des Christus anschauen; denn Er hat sich zur Rechten Gottes gesetzt, nachdem Er sich dem Zu­stande des Menschen unter dem Tode, der Sünde wegen, unterworfen hatte. Und Er hat eine voll­kommene Erlösung vollbracht, eine Erlösung, die uns, nachdem alle Sünde getilgt, die Gerechtigkeit Gottes verherrlicht und die Macht Satans ver­nichtet war, in Kraft einer ewigen Sühnung, und eines Lebens, das den Tod überwunden hat, in eine ganz neue Sphäre versetzt, wohin die Sünde und ihre Folgen nicht zu dringen vermögen, und wo die Gunst Gottes uns vollkommen und für ewig in Herrlichkeit strahlen wird. Und diese große und herrliche Veränderung wird in einem Nu, in einem Augenblick durch die Macht Gottes vollbracht wer­den: die in Christo Entschlafenen werden auferste­hen und wir werden verwandelt werden.

Die Anführung der Stelle aus Jesaja 25, 8 «Ver­schlungen ist der Tod in Sieg» (Vers 54), ist sehr merkwürdig. Der Apostel führt hier nur einfach die Tatsache an, dass der Tod in Sieg verschlungen ist; wenn wir aber jene Stelle in Jesaja selbst im Zusammenhang mit dem übrigen Inhalt des Kapitels betrachten, so finden wir, dass dieses Ereignis nicht am Ende der Welt stattfinden wird, sondern in dem Zeitalter, wenn durch Aufrichtung des Reiches Got­tes in Zion die Hülle weggenommen sein wird, un­ter welcher die Heiden in Finsternis und Unwissen­heit zugebracht haben. Die ganze Erde wird in die­ser Zeitperiode erleuchtet, wird voll Erkenntnis des Herrn sein. Die völlige Gewissheit nun, dass der Tod weggenommen werden wird, erfüllt unser Herz mit Vertrauen, obgleich er noch vorhanden ist. Schon jetzt können wir voll Zuversicht ausrufen «Wo ist, o Tod, dein Stachel, wo ist, o Tod, dein Sieg!» (Vers 55). Der Stachel des Todes ist zerbrochen und der Sieg des Hades vernichtet. Die triumphierende Gnade Gottes hat alles verändert. Für die, welche in Christus sind, hat der Tod auch jetzt schon, während er noch herrscht, seinen eigentlichen Charakter verloren, weil er für sie allein in dem Verlassen oder der Trennung von dem, was sterblich ist, besteht. Er erfüllt sie nicht mit Schrecken beim Gedanken an das Gericht Gottes und an die Macht Satans, weil Christus in jenem Gerichte war und diese Macht für sie überwunden hat. Nicht allein aber das: Er hat auch den Urheber, den Stachel des Todes, hinweggenommen. «Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft der Sünde aber das Gesetz» (Vers 56). Das Gesetz stellte dem Gewis­sen die Gerechtigkeit Gottes vor, welche die Erfüllung jenes Gesetzes forderte und alle mit einem Fluch bedrohte, die darin fehlten, und durch dieses gab es der Sünde seine Kraft über das Gewissen und machte den Tod um so schrecklicher. Christus aber wurde zur Sünde gemacht und trug den Fluch des Gesetzes, indem Er ein Fluch wurde für die, die unter dem Gesetz waren. Er hat die Seinigen von beidem, von der Sünde und vom Gesetz, voll­kommen erlöst, weil Er in bezug auf beides Gott vollkommen verherrlicht hat; und zugleich hat Er uns völlig befreit von der Macht des Todes, aus dem Er als Sieger auferstanden ist. Das einzige, was der Tod jetzt an uns tun kann, ist, uns aus der gegenwärtigen Szene, worin er seine Macht ausübt, hinwegzunehmen, um uns an den Ort zu bringen, wo er keine Macht mehr besitzt. «Sterben ist Ge­winn». «Gott aber sei Dank, Der uns den Sieg gibt, durch unsern Herrn Jesus Christus» (Vers 57). Gott ist die Quelle jener Gedanken der Gnade, die Seine Macht erfüllt. Und anstatt uns vor dem Tode zu fürchten, ist unser Herz mit Dank gegen Den erfüllt, Der uns durch Jesus Christus eine vollkommene und ewige Befreiung, einen vollkommenen und ewigen Sieg gegeben hat. Bald werden wir für immer bei Jesu sein, Ihm gleich, und werden Ihn sehen, wie Er ist. Dies ist das große und herrliche Resultat von allem. Der Schauplatz unserer Arbeit ist jetzt noch da, wo der Tod seine Macht ausüben und der Satan ihn benutzen kann, wenn anders Gott es ihm erlaubt, uns auf unserm Wege hienie­den still stehen zu lassen, da, wo Schwierigkeiten aller Art uns begegnen und die Feinde uns um­ringen; aber wir sind gewiss, dass das Ende herrlich und selig sein wird. Unser Gott wird Seine herr­lichen Ratschlüsse und die Größe Seiner Macht, die wir geschaut haben in Christus Jesus, Der das Haupt und die Offenbarung der Herrlichkeit ist, die wir mit Ihm auf ewig genießen werden, auch an uns verwirklichen. Bei Ihm, unserm geliebten Jesus, werden wir auch die Frucht unserer Arbeit finden, die wir hienieden in Seinem Namen und im Ver­trauen auf Seine Gnade und Macht vollbracht ha­ben. Deshalb gibt der Apostel zum Schluss dieses herrlichen Kapitels die ernste und trostreiche Er­mahnung: «Daher, meine geliebten Brüder, seid fest, unbeweglich, allzeit überströmend in dem Werke des Herrn, da ihr wisset, dass eure Mühe nicht vergeb­lich ist in dem Herrn» (Vers 58).